: Giftverschleppung zwischen Ost und West
■ Zeugenaussage vor Untersuchungsausschuß in Schleswig–Holstein / DDR soll Seveso–Gift abgelehnt haben
Kiel (dpa/taz) - Über 40 Fässer mit hochgiftigem Dioxin aus Seveso in Norditalien sollten 1982 unter Beteiligung französischer, schweizer und bundesdeutscher Müllfirmen auf die Deponie Schönberg in die DDR gebracht werden. Die DDR soll die Annahme des Dioxins aber abgelehnt haben. Mit dieser Aussage des Geschäftsführers der Hamburger– Abfall–Beratungsgesellschaft (AGB), Heiko Schunk, und der Prokuristen des Hanseatischen Baustoffkontors (HBK), Ulrich Jänsch und Bernd Aido, wurde das Seveso–Gift in der vergangenen Woche zum ersten Mal offizieller Gegenstand des Untersuchungsausschusses des schleswig–holsteinischen Landtags zur Sondermülldeponie Schönberg. Die Fässer waren vor Jahren in Frankreich gefunden und vor zwei Jahren in Basel vernichtet worden. Mit der Feststellung der Ablehnung der Dioxinfässer durch die DDR wird die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses über die Praktiken der Müllverschlepper demnächst abgeschlossen sein. Dem Leiter des Bundesumweltamtes, Heinrich Freiherr von Lerser, der die Praktiken der Müllverschiebung und die Sicherheitsstandards der Deponie oft heftig kritisiert hatte, wurde von CDU–Umweltminister Wallmann keine Aussagegenehmigung vor dem Ausschuß erteilt. Bei den Vertretern der SPD, die aufgrund der Mehrheitsverhältnisse, die es der CDU gestatteten, wichtige Teile der Beweisaufnahme zu blockieren, bereits vor einiger Zeit ihre weitere Mitarbeit in dem Ausschuß verweigert hatten, fiel das rasche Ende der Beweiserhebung auf „Unverständnis“. Es bleibe völlig ungeklärt, ob die Firma HBK in die illegale Beseitigung der Seveso–Fässer verwickelt sei. Für die Vertreter der SPD sei es darüberhinaus von Interesse, ob die Ablehnung der brisanten Fracht Teil eines funktionierenden Systems oder nur Zufall gewesen sei.
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