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Q U E R S P A L T E TV–Tango

■ Die Grünen reden nur über Fernsehauftritte

Daß die Grünen nur ran müssen an die Wähler/innen, weil die Wähler/innen eben „die einzige gesellschaftliche Macht“ sind, von der die Grünen abhängig sind, das hat die Partei erst in Nürnberg beschlossen. Und nun gehts ran an die Zuschauer/innen dieser Republik: Seit Wochen gibt es in den Sitzungen der Bundestagsfraktion, im Fraktionsvorstand, im Bundesvorstand, beim Mittagessen oder abends beim Bierchen nur noch ein Thema: Wer darf ins TV? Einen ganzen Samstag hat die Runde der Kandidat/innen auf diese Frage verwendet; der Flurfunk meldet nur noch TV–Elefanten. Zu politischen Fragen dagegen, wie den Sicherheitsgesetzen, schweigen die Grünen still. Früher wurde bei den Grünen heftig debattiert, ob man sich daran überhaupt beteiligt. Heute ist die Frage: Soll Otto Schily in die Runde der Parteivorsitzenden (so beschlossen von Fraktion, Fraktionsvorstand und Kandidat/innen) und nicht Jutta Ditfurth, eine der Parteivorsitzenden selbst? Schließlich könnte Schily ja besser „rüberkommen“ im TV, auch wenn er vorher schnell noch zum Kanzlerkandidaten gekürt oder gar als Frau verkleidet werden müßte. Oder die Frauenpolitik: Antje Vollmer, sonst sehr auf Demokratie bedacht, macht ihren Fernsehtermin gleich selbst fest. Und weil auch sie besser „rüberkommt“ als so eine BuVo–Feministin wie Regina Michalik, soll sie laut Fraktion und Kandidat/innenrunde ihren ZDF–Termin in jedem Fall behalten. Schließlich gehts ja um jede 0,1 %. Und am Ende macht ein Opi aus Hintertupfingen doch noch ein grünes Kreuzchen. Am Montagabend wurde der TV–Tango nun auf den Bundeshauptausschuß vertagt. Und weil das so schwierig ist mit den Strömungen, den Eitelkeiten und der Mediengeilheit, den Feministinnen in der Partei und der Parteiraison vor der Wahl, sollten die Grünen vielleicht schleunigst eine Urabstimmung in die Wege leiten. Oder es mit „Playback“ versuchen. Ursel Sieber

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