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Polizeiprozeß: Freispruch gefordert

■ Der Frankfurter Prozeß um den Polizei–Überfall auf eine Startbahn–Demonstration geht zu Ende / Staatsanwaltschaft sieht die Schuld des angeklagten Polizeioffiziers als nicht erwiesen an

Aus Frankfurt M. Miersch

Nach einem Jahr Prozeßdauer, fast fünfzig Verhandlungstagen und der Vernehmung von 136 Zeugen tritt der Frankfurter Einsatzleiter–Prozeß in die entscheidende Schlußphase. Gestern plädierte die Staatsanwaltschaft auf Freispruch des angeklagten Polizeioberrates Hans–Robert Phillippi, da ihm die vorgeworfenen Straftaten „nicht ausreichend nachgewiesen werden konnten.“ Die Anwälte der Nebenkläger - acht Personen, die in der fraglichen Nacht zusammengeschlagen wurden - sahen die Schuld Philippis als erwiesen an und forderten eine Freiheitsstrafe auf Bewährung. Hintergrund des Prozesses bilden die Ereignisse in der Nacht zum vierten November 1981 in der Frankfurter Rohrbachstraße. In jener Nacht bewegte sich ein kleinerer Demonstrationszug durchs Frankfurter Nordend, um gegen die Räumung des Hüttendorfes an der Startbahn–West zu protestieren. Nach übereinstimmenden Aussagen von Demonstranten, Passanten und Anwohnern wurde der Zug gegen 0.30 Uhr von heraneilenden Polizisten mit langen Schlagstöcken und ohne Schilde eingekesselt. Die darauf folgende Knüppelorgie forderte 32 Verletzte. Als die Staatsanwaltschaft später bei ihren Ermittlungen gegen die einzelnen Beamten nicht weiterkam, entschloß sie sich zu einem Schritt, der in der Bundesrepublik ohne Beispiel ist: Sie erhob Anklage gegen den verantwortlichen Einsatzleiter des Sondereinsatzkommandos (SEK). Dieselben Ankläger, die von den Polizisten zum Besten gehalten wurden, die aber trotzdem unermüdlich weiter ermittelten und insgesamt 16 Akten–Bände zusammentrugen, forderten gestern den Freispruch des damaligen Einsatzleiters. Staatsanwalt Thiel: „Trotz weiterhin bestehenden Tatverdachts fordern wir den Freispruch, ohne die Überzeugung zu haben, daß der Angeklagte unschuldig ist.“ Zwar gehen die Staatsanwälte, Galm und Thiel, nach eigenem Bekunden davon aus, daß die Einkesselung und das berüchtigte Spießrutenlaufen (Knüppelgasse) stattgefunden habe, sehen es aber als nicht erwiesen an, daß Philippi „diesen entsetzlichen und durch nichts entschuldbaren Vorgang“ (Thiel) auch gesehen hat. Aussagen der Polizisten, sie seien in der Rohrbachstraße in einen massiven Steinhagel geraten, halten auch die Staatsanwälte für unglaubwürdig. Im Konsens mit der Nebenklage nehmen sie an, daß die Demonstranten ohne Vorwarnung überfallen und verprügelt wurden, doch, so Thiel, die „schlechte Beweislage“ gehe zugunsten des Angeklagten. Die Ankläger gehen davon aus, daß so ziemlich alle 136 Zeugen gelogen haben. Die Polizisten aus verständlichem Eigeninteresse und die Demonstranten aus Wut, daß „ihr Widerstandsnest (Hüttendorf d.Red.) ausgeräumt wurde“. Anwohner, Passanten und Journalisten wurden pauschal als Demo– Sympathisanten eingestuft.Genau diese Zeugengruppe stellten die Nebenklagevertreter in den Vordergrund. Rechtsanwalt Borowski: „Die Staatsanwaltschaft tut so, als warte die Frankfurter Bevölkerung nachts an den Fenstern, um anrückende Polizisten mit Blumentöpfen zu bewerfen.“ In den Unbeteiligten sehen die vier Anwälte der Nebenkläger die objektivsten Beobachter der Ereignisse. Nebenkläger und Staatsanwälte waren sich darin einig, daß der Einsatz von Philippis Truppe vollkommen unbegründet war. Die Demonstration sei friedlich verlaufen. Rechtsanwalt Weider erklärte, daß für ihn und seine Kollegen klar sei, daß Phillippi den Überfall angeordnet und die Knüppelgasse geduldet habe. Das könne allein durch die völlig widersprüchlichen Aussagen des Angeklagten selbst nachgewiesen werden. Wegen Anordnung und Duldung von „Körperverletzung im Dienst“ (§ 340 STGB) forderte Weider eine Freiheitsstrafe auf Bewährung, deren Höhe er ins Ermessen des Gerichts stellte.

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