: „Ein Aufschrei gegen die Unterdrückung“
■ Der weltberühmte brasilianische Architekt Oscar Niemeyer will in Rio ein Denkmal für Folteropfer schaffen / „Das menschliche Leben ist wichtiger als Architektur“ / Auftrag von Menschenrechtsgruppe / Das Monument soll an die Opfer der brasilianischen Militärdiktatur erinnern
Rio de Janeiro (ap) - Der weltbekannte brasilianische Architekt Oscar Niemeyer will in Rio de Janeiro ein Monument errichten, das an die Folteropfer unter den verschiedenen Militärdiktaturen in Lateinamerika erinnern soll. Der 78jährige, der auch die brasilianische Hauptstadt Brasilia entworfen hat, sagt, die Arbeiten an dem Denkmal gäben ihm größere Befriedigung als die Planung weiterer Bauten für Brasilia. „Das menschliche Leben ist viel wichtiger als die Architektur“, sagt Niemeyer, dessen kühne Bauwerke in vielen Teilen der westlichen Welt stehen, der aber auch mit dem sowjetischen Lenin–Preis ausgezeichnet wurde. „Schon seit langem wollte ich eine Skulptur machen, die ein Protest sein sollte, ein Aufschrei gegen Unterdrückung und Folter in Lateinamerika.“ Nach Angaben seines Schöpfers soll das Denkmal den Namen „Folter - niemals wieder“ erhalten. Es soll für jene Menschen errichtet werden, die zwischen 1964 und 1985 unter dem rechtsgerichteten Militärregime in Brasilien, aber auch unter den Militärregierungen in Argentinien, Chile, Uruguay und anderen Ländern leiden mußten. An dem Monument sollen die Namen von 200 Menschen angebracht werden, die nachweislich zu Tode gefoltert wurden, sowie die Namen von 140 weiteren Personen, die während der brasilianischen Militärherrschaft spurlos verschwunden sind. Ein Platz für die Errichtung des Denkmals ist noch nicht ausgewählt worden. Sicher ist nur, daß es in Rio de Janeiro aufgestellt werden soll. Die Skulptur soll 25 Meter lang und sieben Meter hoch werden. Den Auftrag zum Bau des Denkmals gegen die Folter erhielt Niemeyer von einer Menschenrechtsgruppe, die den gleichen Namen trägt wie das zukünftige Monument: „Folter - niemals wieder“. Es soll umgerechnet rund 150.000 Mark kosten, die von der Organisation durch Konzerte und Kunstauktionen zusammengebracht werden sollen. Niemeyer will für seine Arbeit kein Honorar annehmen. Auch das Gelände für das Anti–Folterdenkmal will die Stadtverwaltung von Rio de Janeiro kostenlos zur Verfügung stellen. Die Pläne des KP–Mitglieds Niemeyer werden öffentlich von der dort regierenden sozialistisch orientierten Demokratischen Arbeiterpartei unterstützt. Er wiederum unterstützt die Partei bei den am 15. November stattfindenden Gouverneurs– und Kongreßwahlen.
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