: Derzeitiger Sündenbock Ost
■ Regierungssprecher Ost ließ Goebbels–Passus in Newsweek–Interview mit Kohl extra hinzufügen / Bonner Kulturpolitiker ausgeladen / Genscher wird Schewardnadse treffen
Berlin/Bonn (dpa/taz) - Die Entmündigung des Kanzlers nach seinem neuesten „Blackout“ des Gorbatschow–Goebbels–Vergleichs trieb nach der Ausladung Riesenhubers durch die Sowjetunion am Montag in Bonn einem neuen Höhepunkt zu. Er habe die Passage eigentlich weghaben wollen, erklärte der als Sündenbock fungierende Regierungssprecher Ost. Aus wenig begründeter Furcht, der US–amerikanische Leser könne mit dem Namen des Nazi–Propagandisten Goebbels nichts anfangen, hatte Ost bei Absegnung des Interviews die Charakterisierung Goebbels als „einer von jenen, der für die Verbrechen der Hitler–Ära verantwortlich war“ hinzufügen lassen. Damit habe sich Ost, so der SPD–Bundestagsabgeordnete Horst Ehmke, endgültig disqualifziert. Für die SPD steht aber auch fest, daß ein Kanzler, der sich zu solch einem Affront hinreißen und dann erklären lasse, er habe keinen Anlaß, sich zu entschuldigen, sich selbst disqualifiziere. Nach Aussage der Redaktion der Zeitschrift habe Kohl die Sätze (“Er ist ein moderner kommunistischer Führer, der sich auf Public–Relation versteht. Goebbels war auch ein Experte in Public Relations“) ausdrücklich als Klartext und nicht off the record formuliert. Der Termin für das Treffen zwischen Außenminister Genscher und seinem Sowjetischen Amtskollegen Schewardnadse während der Wiener KSZE–Konferenz hingegen wurde gestern bestätigt. Ein Sprecher der deutschen Botschaft in Moskau erklärte, daß die Ausladung des Bonner Chefs für auswärtige Kulturpolitik, Witte, nicht gleichzeitig mit der von Forschungsminister Riesenhuber ergangen sei.
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