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Präsident Botha wechselt Minister aus

■ Weitreichende Kabinettsumbildung in Südafrika / Wirtschaftliche Angelegenheiten werden in zwei „Super“ministerien zusammengefaßt / Weitere Machtkonzentration für Staatspräsident Botha / „So nah wie möglich am Totalitarismus“

Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrikas Staatspräsident P.W. Botha hat am Dienstagabend eine weitreichende Kabinettsumbildung bekanntgegeben. Wichtigste Veränderungen sind der Rücktritt von Louis Le Grange, des bisher für die Polizei zuständigen Ministers für Gesetz und Ordnung, der Rausschmiß von Louis Nel, der sich als stellvertretender Informationsminister zahlreiche Peinlichkeiten geleistet hatte, und die Anstellung des Botha–Loyalisten Alwyn Schlebusch als Minister im Amt des Staatspräsidenten. Neben der Auswechslung der fünf Minister kündigte Botha außerdem die Schaffung eines Ministeriums für Wirtschaft und Technologie an, das die beiden alten Ministerien für Handel und Industrie und für Bodenschätze und Energie zusammenfaßt. Das neue Ministerium soll sich vor allem um die Straffung der Regierungspolitik hinsichtlich der kleinen und schwarzen Geschäfte kümmern. Beobachter werten diese Maßnahme als eine Reaktion Bothas auf den Vorwurf der Geschäftswelt, nur ungenügend zur Entwicklung der Wirtschaftsbedingungen beizutragen. Die Anzahl der Minister wurde von 20 auf 18 reduziert, während gleichzeitig jedoch die Zahl der stellvertretenden Minister von 10 auf 20 verdop pelt wurde. Die Kabinettsumbildung bedeutet eine weitere Konzentration der Macht in den Händen des 70jährigen Staatspräsidenten. Doch der Rückruf des ehemaligen Ministers und stellvertretenden Staatspräsidenten Schlebusch aus dem Ruhestand deutet auch darauf hin, daß P.W. Botha bemüht ist, sich mit treuen Unterstützern zu umgeben. Schlebusch, der 1978 einer der wichtigsten Unterstützer Bothas bei dessen Wahl zum Premierminister war, übernimmt die Verantwortung für den südafrikanischen Rundfunkdienst SABC, für den bisher das Aussenministerium zuständig war. Mit Informationsbüro und SABC konzentriert sich im Amt des Staatspräsidenten damit der gesamte Propagandaapparat, den Botha in Zukunft wohl genauer kontrollieren wird. Sowohl SABC als auch das Informationsbüro sind schon seit einiger Zeit scharf für ihre plumpe Desinformationspolitik kritisiert worden. Informationsminister Louis Nel hat dafür bezahlen müssen. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag sprach Botha von Nel mit unversteckter Verachtung. Adriaan Vlok, der neue Minister für Gesetz und Ordnung, ist ein junger, dynamischer Falke, der seit 1983 eine steile Karriere gemacht hat. Er war bisher sowohl im Verteidigungsministerium als auch im Polizeiministerium stellvertretender Minister. So ist zu erwarten, daß mit ihm die fast schon traditionellen Rivalitäten zwischen Polizei und Militär abnehmen werden, während der Einfluß des Militärs wachsen wird. Wahrscheinlich wird nun auch die Polizei nach Prinzipien des modernen Managements umstrukturiert. Mit einer ähnlichen Umstrukturierung hatte Botha selbst in seiner Zeit als Verteidigungsminister vor 1978 die Grundlage für die heutige Stärke des Militärs gelegt. Die Konzentration wirtschaftlicher Angelegenheiten auf zwei „Super“ministerien wird die zentrale Steuerung der Wirtschaft vergrößern. Beobachter sehen darin eine Reaktion auf das Gefühl weißer Südafrikaner, nach der Verhängung von Sanktionen sich gegen den wirtschaftlichen Belagerungszustand zur Wehr setzen zu müssen. Zusammen bedeuten all diese Entwicklungen selbst für die Weißen einen weiteren Abbau der Demokratie. So kommentierte sogar die eher konservative Tageszeitung „Business Day“, dass Südafrika sich nun „so nah wie irgend möglich am Totalitarismus befindet, ohne direkt eine Diktatur zu sein“.

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