Die Hamburger wählten rot–grün

■ Überwältigende Mehrheit von SPD– und GAL–Wählern wünscht rot–grünes Bündnis / SPD verliert bei jüngeren Frauen deutlich an GAL / GAL erobert neue Wählerschichten / SPD hat konservativ–rückschrittliches Image

Aus Hamburg Florian Marten

Während des Hamburger Bürgerschaftswahlkampfes war das Thema Rot–Grün tabu. Noch einen Tag vor der Wahl äußerte die GAL–Kandidatin Thea Bock in der taz Hamburg: „Alle haben es begriffen, nur die taz noch nicht. Das Thema Rot–Grün spielt in Hamburg keine Rolle.“ Das galt zwar für die Politiker, nicht aber fürs Wahlvolk: Zwar erwartete nach einer Infa–Umfrage kurz vor der Wahl eine große Mehrheit eine SPD–Alleinregierung, doch immerhin auch 20 erwarteten ein rot–grünes Bündnis, demgegenüber allen anderen denkbaren Koalo–Konstellationen die mit Abstand größte Wahrscheinlichkeit zugebilligt wurde. Haben die SPD–Wähler noch vor vier Jahren ein rot–grünes Bündnis abgelehnt, befürworten jetzt 63 in Hamburg. Bei der GAL sind es sogar stalinistische 96 Frauen haben - wie immer - die Hamburger Wahl entschieden. Sie stellen 55 SPD ihre jahrzehntelange Vorherrschaft vor allem den Frauen, insbesondere den älteren, die im Gegensatz zu den älteren Männer und Frauen im Bundesgebiet (dort liegt die CDU bei den Alten vorn) - in Hamburg fast immer mit absoluter Mehrheit für die Sozialdemokratie stimmten. Bei den alten Frauen verlor die SPD diesmal deutlich an die CDU. Bei den unter 35jährigen hingegen mußte sie prozentual noch mehr an die GAL abtreten. 7). Auch wenn es von vielen Medien behauptet wird: Weder die Neue Heimat noch die Wahlenthaltung der SPD–Stammwähler hat die Wahl entschieden. In näher untersuchten Neubau– und Großsiedlungsgebieten ging zwar die Wahlbeteiligung überdurchschnittlich zurück, aber selbst bei einer Wahlbeteiligung von 84 hätte den Sozis nur 45 Fest steht, daß die CDU ihr Wählerpotential komplett an de Urne brachte. Die Grünen brachen nach Berlin und München erneut in neue Wählerschichten ein. Die GAL legte bei den Jungwählern auf jetzt 25 39,6 ), überrundete bei den 25–35jährigen erstmals die CDU (GAL 29,8 CDU 26,4 ), verdreifachte ihren Stimmenanteil bei den 35–45jährigen, verdoppelte ihn bei den alten Menschen. In sozial schwachen und politisch aktiven Stadtteilen kletterte die GAL auf bis zu 40 Reichen und Yuppies ebenfalls auf durchschnittlich 10 Gewinne von der CDU). Damit ist in Hamburg einer Frauenliste das gelungen, wovon die Ökolibertären einst träumten: Die Sammlung von sozialem Protest und neuen Mittelschichten. Die SPD hat, das belegen die Hamburger Ergebnisse im Detail, die „Zukunftsfähigkeit“ verloren. Wer den technokratischen oder repressiven Fortschritt will, wählt gleich CDU, wer soziale und ökologische Veränderungen will, votiert für die GAL. Die SPD wird inzwischen überwiegend als konservative rückschrittliche Partei betrachtet, die bemühte Hüterin des angeschlagenen Sozialstaates. Ohne die Grünen kann die SPD, das zeigen die letzten Wahlergebnisse bundesweit in den Großstädten nicht an der Macht bleiben, geschweige denn sie zurückerobern.