Mafia–Mord ungesühnt

■ „Wegen erwiesener Unschuld“ wurden alle Mafia–Angeklagten, die des Mordes an acht Personen angeklagt wurden, freigesprochen / Neue Strategie der Mafia?

Aus Palermo Werner Raith

Wieder einmal hat sich Palermos Strafverfolgung bis auf die Knochen blamiert: ungesühnt, jedenfalls vorläufig, bleiben die Morde an acht Personen - größtenteils kleine Pferde– und Viehhändler -, die am 18. Oktober 1984 von einer Anzahl Killern in einem Hinterhof Palermos mit mehreren hundert MP–Schüssen getötet worden waren. Alle Angeklagten - darunter die „Superbosse“ der Zone, Pietro Vernengo, Carmelo Zanos und Nitto Santapaola - wurden „wegen erwiesener Unschuld“ freigesprochen. Überraschend war der Freispruch nicht - die Ermittler hat ten sich, wieder einmal, auf die Aussagekraft eines „pentito“ (Kronzeugen) sowie auf Hörensagen–Beweise gestützt, anstatt hieb– und stichfeste Beweise zu sammeln. Der „Kronzeuge“ Francesco Sinagra, der auch im großen Mafia–Prozeß aussagt, hatte erklärt, daß in dem Stadtviertel, wo das Massaker geschehen war, „nichts ohne die ausdrückliche Zustimmung der Zonenbosse geschieht“. Dennoch gab es auch Indizien, daß sich der Massenmord in den „Mafiakrieg“ einreiht, der zwischen 1980 und 84 um eine Neuverteilung der Marktanteile entbrannt war. Zu dem (derzeit flüchtigen) Nitto Santapaola führen z.B. auch alle Fäden der Ermordung des Präfekten della Chiesa 1982. Insofern überraschte vor allem die Motivation des Freispruchs „wegen erwiesener Unschuld“. Fraglich scheint, inwieweit die Zelebration von Prozeßen, die am Ende negativ für die Justiz ausgehen, nicht gar Teil der neuen Mafia–Strategie sind, Verfahren gegen die „Ehrenwerte Gesellschaft“ als aussichtslos erscheinen zu lassen. Vorige Woche berichtete Innenminister Scalfaro nicht nur von Mafia–Versuchen, die Strafprozeßgesetzgebung zu beeinflussen, sondern auch davon, „Kronzeugen“ bewußt in die Ermittlungen einzuschleusen, um dann vor Gericht mit spektakulären Rückzügen die Behörden zu desavouieren.