Roms City autofrei

■ Radikalkur soll gesundheitsgefährdende Luftverpestung der Stadt abbauen / Mit Gasmasken in die Espressobar

Aus Rom Werner Raith

Ein Notstandsplan des Amtsrichters Gianfranco Amendola für die „Ewige Stadt“ wurde soeben bekannt: Am l5. November, wenn die endgültigen Daten einer monatelangen Schadstoff– Messung vorliegen, will der „Pretore“ die gesamte Innenstadt Roms für den privaten Autoverkehr sperren. Nur noch öffentliche Verkehrsmittel sind dann zugelassen, und auch die nur noch auf bestimmten Routen. Selbst die bisher in allen Fußgängerzonen ausgegebenen Sondergenehmigungen für Anwohner und Zulieferer sollen nicht mehr erteilt werden. Auch die Parlamentsabgeordneten - die Tagungssäle befinden sich inmitten der Altstadt - werden dann auf Busse umsteigen oder zu Fuß gehen müssen. Der Notstandsplan wurde von dem als „Grüner Amtsrichter“ bekannten Amendola zusammen mit einer Reihe von Chemikern, Physikern, Biologen und Medizinern ausgerbeitet, nachdem bereits die ersten Messungen schwere gesundheitliche Schädigungen der Bevölkerung hatten befürchten lassen. Da sich in Rom der Verkehr meist nur im Schrittempo vorwärtsbewegt, die Römer aber von ihrem Vehikel selbst beim diverse Male erprobten Nulltarif der Verkehrsmittel nicht lassen wollen, „kommt nur eine polizeiliche Sperrung infrage“, so Amendola: „Der sichtbare Fraß der Schadstoffe an den Monumenten, der riechbare Mief der Autos und hereinwabernder Industriedämpfe hat offenbar nicht zu einer entsprechenden Selbstdisziplinierung geführt.“ Wesentlich zur Entscheidung des Amtsrichters hat wohl der Appell der neuen italienischen Nobelpreisträgerin, der Physiologin Rita Levi Montalcini geleistet, die vor zwei Wochen Krankheit und gar Tod unzähliger Menschen vorausgesagt hat, wenn die Verpestung der römischen Luft nicht schnellstens gestoppt wird. Worauf Roms Feuerwehrleute und Polizisten beschlossen, die Gefahr noch sichtbarer zu machen: Seit Tagen treten sie auch außerhalb von Raucheinsätzen mit ihren Atemmasken vor dem Gesicht auf, selbst beim Gang zur Espressobar nebenan.