: Nicaragua: Höchststrafe für den US–Söldner
■ Zu 30 Jahren Gefängnisstrafe wurde am Samstag in Managua Eugene Hasenfus verurteilt / Begnadigung durch den Präsidenten und die Nationalversammlung nicht unwahrscheinlich / Hasenfus hatte vor Gericht seine Aussage bestätigt, von der CIA bezahlt worden zu sein
Aus Managua Ralf Leonhard
Der US–Söldner Eugene Hasenfus wurde Samstag erwartungsgemäß vom Antisomozistischen Volkstribunal in Managua in erster Instanz zu 30 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der 45jährige Vietnamveteran und Luftfrachtexperte war am 5. Oktober im Süden Nicaraguas mit seinem Flugzeug abgeschossen worden, als er Waffen für die antisandinistischen Freischärler abwerfen wollte. Die US–amerikanischen Piloten der Transportma schine und der nicaraguanische Funker kamen bei dem Abschuß ums Leben, wähend sich Hasenfus per Fallschirm retten konnte. Staatspräsident Daniel Ortega schliesst nicht aus, daß der Verurteilte vor Verbüssung seiner Strafe begnadigt wird. Die Urteilsverkündung fand mit anderthalb Tagen Verspätung statt, da Redaktion und Übersetzung des 15 Seiten langen Spruches mehr Zeit als veranschlagt in Anspruch nahmen. Der berühmteste Gefangene Nicaraguas verzog keine Miene, während der Richter Mon terrey das Urteil verkündete.Das Gericht befand den Angeklagten in allen drei Anklagepunkten - Verbrechen gegen die nationale Sicherheit, terroristische Akte und kriminelle Vereinigung - für schuldig und verurteilte ihn zu insgesamt 33 Jahren Freiheitsentzug. Nach der geltenden Gesetzeslage muß niemand in Nicaragua mehr als 30 Jahre verbüßen. Minuziös wurden die Beweise aufgezählt, die so zahlreich waren, daß die Ermittlungsphase des Prozesses um vier Tage hatte verlängert werden müssen. Die Anklage legte nicht nur die rund fünf Tonnen an Waffen und Ausrüstung vor, die aus dem Flugzeugwrack geborgen worden waren, sondern auch eine Vielzahl von Dokumenten, die die Verbindungen der Contras zu den Armeen von El Salvador und Honduras nachweisen. In seiner Aussage vor Gericht hatte Hasenfus zugegeben, mehrmals von der salvadorianischen Luftwaffenbasis Ilopango aus Waffen an die Contras in Nicaragua transportiert zu haben. Zwar wich er Fragen über die Auftraggeber aus, doch erklärte Hasenfus sowohl seine Aussage vor der Staaatssicherheit als auch die Video–Aufnahme eines Interviews mit der US–Fernsehgesellschaft CBS für authentisch, in denen er angegeben hatte, vom Geheimdienst CIA bezahlt worden zu sein. Seinen Arbeitgeber, die private Fluggesellschaft „Corporate Air Services“, hatte er in diesen Aussagen als CIA–Gesellschaft bezeichnet. Der Verteidiger Enrique Sotelo Borgen, ein Parlamentsabgeordneter und Rechtsabweichler innerhalb der Konservativ–Demokratischen Partei Nicaraguas, hatte in letzter Minute versucht, am Beispiel des Falles Hasenfus die Legitimität der Antisomozistischen Volkstribunale generell anzufechten. Sein in der Verteidigungsschrift dargelegter Antrag auf Nichtigkeit des Verfahrens wurde jedoch abgewiesen. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung wollte sich der Anwalt nicht festlegen, ob er Berufung einlegen würde. Viel wahrscheinlicher als eine Strafminderung in zweiter Instanz ist jedoch eine baldige Begnadigung, die vom Präsidenten und der Nationalversammlung bewilligt werden muß. Präsidentschaftsminister Rene Nunez hatte kurz vor dem Urteil erklärt, der Fall Hasenfus sei ein politischer und würde nach Abschluß des Gerichtsverfahrens auch als solcher behandelt. Auch Staatspräsident Ortega schloß eine Begnadigung nicht aus, denn Hasenfus sei nur ein Werkzeug, während „auf der Anklagebank eigentlich Ronald Reagan sitzen sollte“.
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