: Privater Waffenhandel mit dem Iran blüht
■ Die trotz offiziellem Waffenembargo erfolgten US–Verkäufe animierten den Schwarzmarkt / Privater Handel mit schwerem Kriegsgerät stieg sprunghaft an / Die Lieferungen beeinflußen das militärische Gleichgewicht zwischen Iran und Irak
Berlin (taz) - Schon lange vor der Aufdeckung der US–amerikanischen Waffenlieferungen an den Iran hat der internationale private Waffenhandel die Zeichen aus Washington in seinem Sinne gedeutet und den Waffen– und Munitionsschmuggel in den Iran kräftig beschleunigen können. Wie die Washington Post jetzt aufdeckte, ist die Entscheidung Präsident Reagans, die Belieferung des Iran geheim und mittels befreundeter Staaten oder durch Privatpersonen wieder aufzunehmen, schon im September 1985 gefallen. Private europäische Waffenhändler haben nicht viel Zeit verstreichen lassen, bevor sie realisierten, daß die Operation „Staunch“, die Parole der Reagan–Administration für das Embargo gegen den Iran, offenbar nicht so ernst gemeint war. Nach Aussagen amerikanischer Diplomaten in Washington erhielt das Weiße Haus schon bald nach der Entscheidung des Präsidenten Informationen, daß nach den ersten kleinen Munitionslieferungen, die über Portugal abgewickelt wurden, der private Handel von zum Teil auch schwerem Kriegsgerät sprunghaft anstieg. Ein ehemaliger iranischer Geheimdienstoffizier aus der Schah– Zeit sagte jetzt in Washington, daß er schon im März von noch in der iranischen Armee arbeitenden Kollegen gehört habe, Düsentriebwerke für die F4– und F5– Kampfflugzeuge im Wert von über 37 Millionen Dollar seien über Algerien in den Iran geschafft worden. Sprecher des Weißen Hauses erklärten dagegen, daß die amerikanischen Lieferungen „verschwindend klein“ gewesen seien und keinesfalls das militärische Gleichgewicht der beiden kriegsführenden Parteien beeinflußt hätten. Es seien neben einigen Ersatzteilen für Radar–Geräte nur insgesamt 1.000 TOW Anti– Panzer Raketen sowie die Ausrüstung für 240 Hawk Anti–Flugzeug–Raketenstellungen geliefert worden. Infolge der Initiativ–Wirkung der US–amerikanischen Verkäufe auf den Privathandel hat der Iran nach Einschätzungen von US–Sicherheitsexperten in Washington weit mehr Waffen erhalten als jene eine Flugzeugladung, die Reagan zugegeben hat. In diesem Herbst ist es der iranischen Luftwaffe zum ersten Mal seit einigen Jahren gelungen, einen irakischen Jagdbomber abzuschießen. Dazu wurde eine 1,1 Millionen Dollar pro Stück teure Rakete vom Typ Phoenix eingesetzt. Diese Luft– Luft–Rakete gilt als modernste US–amerikanische Entwicklung auf diesem Gebiet. Alles scheint dafür zu sprechen, daß diese neue Waffe, zusammen mit anderen Verbesserungen der iranischen Schlagkraft, den Irak davon abgehalten hat, den Öl–Hafen auf der Kharg–Insel so zu bombardieren, wie es noch bis Sommer dieses Jahres irakische Taktik war. Seitdem die Iraner die amerikanische Phoenix einsetzen können, ist die zuvor zahnlose iranische Luftwaffe eindeutig fähig, die irakische Luftüberlegenheit abzubauen.
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