Erst der Rhein, nun die Luft

■ Kunstharz–Anlage für Ciba–Geigy in Basel „außer Kontrolle“ geraten / Phenolwolke über der Stadt / Konzern sah keine Gefährdung der Bevölkerung und bedauerte die „Belästigung“

Aus Basel Thomas Scheuer

Keine drei Wochen nach dem Großbrand beim Basler Chemie– Multi Sandoz ereignete sich in den frühen Morgenstunden des Donnerstag im Zweigwerk Schweizerhalle des Nachbar–Konzerns Ciba–Geigy „keine Katastrophe, sondern ein klassischer Unfall“. So lautet zumindest die Sprachre gelung von Werksleiter Benno Gunzinger auf einer Pressekonferenz. Um drei Uhr morgens war in einer Versuchsanalge der Abteilung Kunstharze eine Partie von 500 kg Araldit–Harzen außer Kontrolle geraten. Penetrant stinkende Rauchschwaden, die nach Angaben von Ciba phenolhaltige Zersetzungsrückstände mit geringen Mengen von organisch gebundenem Brom enthielten, zogen westwärts über die Basler Innenstadt hinweg. Ein behördlicher Krisenstab trat in Aktion, sah jedoch von der Einleitung eines Katastrophenalarms ab, da keine Gefährdung der Bevölkerung zu erwarten sei. Allerdings wurden die Bewohner in der näheren Umgebung des Werkes per Radio aufgefordert, die Fenster und Türen geschlossen zu halten, da Reizungen der Augen und Atemwege nicht auszuschließen seien. Um 6.45 Uhr wurde Entwarnung gegeben: Die Gase hätten sich verflüchtigt. Als Unglücksursache gab Werksleiter Gunzinger „menschliches Versagen“ an. Durch Fehler bei der „Übertragung der Arbeitsvorschriften“ sei dem Aralditharz– Ansatz in einem 1.000–Liter–Kessel ein „Vielfaches der notwendigen Menge“ an Beschleunigungsmitteln (Katalysatoren) zugeführt worden. Dies habe zu einer unerwünschten Reaktion zweier Araldit–Komponenten geführt, die vorübergehend außer Kontrolle geriet. Überhitzung auf ca. 260 Grad C habe die starke Rauchbildung bewirkt. Die Dämpfe seien jedoch ungefährlich. In einem Kommunique entschuldigte sich Ciba–Geigy für „diese bedauerliche Belästigung.“