: Der Anfang vom Ende?
■ Zur Iran–Krise in der US–Regierung
Über Washington hängt der Modergeruch von Watergate. Ungläubig beobachtet die US–amerikanische Öffentlichkeit den Niedergang ihres langjährigen Idols. Reagans vielgerühmter Teflon–Charme hat seine Wirksamkeit verloren. Die Enthüllungen über das Waffengeschäft der US–Regierung mit dem Iran, die Kette von Erklärungen und Dementis lassen auch die treuesten Reagan–Fans inzwischen zweifeln. War die US–Öffentlichkeit schon von ihrem Präsidenten wegen dessen nicht mehr zu überspielender Doppelzüngigkeit enttäuscht, so fuhr ihnen die Enthüllung des Justizministers Meese, daß die Profite aus dem Waffengeschäft via Schweiz den antisandinistischen Contras zur Verfügung gestellt wurden, wie ein Schock in die Glieder. Nicht nur wurden bei dem geheimen Dreiecksgeschäft jede Menge Gesetze und Auflagen des Kongresses verletzt, auch die Glaubwürdigkeit US–amerikanischer Außenpolitik hat dadurch schweren Schaden erlitten. Selbst der Rücktritt von Sicherheitsberater Poindexter und die Entlassung von Oberstleutnant North konnten da die Gemüter derer nicht mehr beruhigen, die während der vergangenen sechs Jahre Reagans abenteuerliche außenpolitische Unternehmungen - die Invasion Grenadas, die Verminung nicaraguanischer Häfen oder die Bombardierung Libyens - als Wiedererstarken ihrer Rolle als Großmacht feierten. Reagans neues Motto: „Ich war nicht vollständig informiert“ wird von moderaten Kritikern als Beweis für die Inkompetenz des Präsidenten gewertet, seine Mannschaft zu kontrollieren. Die Demokraten behaupten, daß Reagan lügt, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Sie wollen einen unabhängigen Untersuchungsausschuß a la Watergate einrichten, der darüber Aufschluß geben soll, wieviel der Präsident wußte und wann er es gewußt hat. Kommt der Ausschuß tatsächlich zustande, wird Reagans Niedergang nicht mehr aufzuhalten sein. Wenn der Ausschuß beweisen kann, daß Reagan mehr wußte, als er jetzt angibt, werden sich die US–Amerikaner nach einem neuen Präsidenten umsehen müssen. Michael Fischer
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