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Bayer–Werk verschwieg Störfall

■ Erst unerwartete staatliche Proben bei Bayer brachten Einleitung von gefährlichem Desinfektionsmittel in den Rhein ans Licht / Gestern neuer Vorfall in Leverkusen: 800 kg Methanol in den Rhein geflossen

Von Jakob Sonnenschein

Düsseldorf (taz) - Stundenlang hat der Chemiegigant Bayer die Einleitung eines gefährlichen Desinfektionsmittels in den Rhein am Dienstag gegenüber den Behörden verschwiegen. Daß der Vorfall überhaupt bekannt wurde, geht allein auf unangemeldete Kontrollproben durch das staatliche Amt für Wasser und Abfallwirtschaft zurück. Wie der Düsseldorfer Umweltminister Klaus Matthiessen am Mittwoch vor dem Landtag mitteilte, wurden von dem Amt am Dienstag von 9.25 Uhr bis 11.25 Uhr auf dem Bayer–Werksgelände in Krefeld– Uerdingen Kontrollproben an der Kläranlage vorgenommen. Dabei wurden zwei bis vier Milligramm eines Gemischs von 6,2/4–Chlormetakresolen (Desinfektionsmittel) pro Liter nachgewiesen. Dieses Mittel darf zwar auf Grund einer Einleiterlaubnis in den Rhein abgelassen werden, aber nicht in dieser hohen Konzentration. Nordrhein–Westfälische Wasserwerke waren durch den Vorfall, laut Matthiessen, stromabwärts nicht mehr betroffen. Die niederländischen Dienststellen wurden über die mögliche Gefährdung „sofort informiert“. Der Umweltminister zur Informationspolitik von Bayer: „Erst gegen 14 Uhr hat die Firma das Amt darüber informiert, daß die Kläranlange nicht ordnungsgemäß arbeitet und ein gefährliches Desinfektionsmittel in den Rhein gelangt ist.“ Matthiessen: „Dieser Vorgang ist unglaublich“. Der Sprecher der Bayer AG, van Loon, bestritt am Mittwoch gegenüber der taz jegliche Gefährdung des Rheins. Van Loon wörtlich: „Es hat keine Störung gegeben, es hat keinen Zwischenfall gegeben. Die Kläranlage hat ordnungsgemäß funktioniert. Es hat einen erhöhten Wert gegeben, der aber immer noch innerhalb der Einleiteerlaubnis gelegen hat.“ Auf die Frage, wie lange denn dieser „erhöhte Wert“ abgegeben worden sei, reagierte van Loon äußerst unwirsch und wortkarg: „Fragen Sie am besten den Minister.“ Die Landesregierung versprach, den „Vorgang lückenlos aufzuklären“. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen. „Skandalöse“ Informationspolitik beklagte Matthiessen nicht nur im Fall von Sandoz und Bayer. Auch die BASF habe die Einleitung des Unkrautvernichtungsmittels zuerst viel zu niedrig angegeben. Erst waren es 600 kg, dann 1.100 kg und später dann 2.000 kg. „Wenn wir heute bilanzieren“, so Matthiessen, „dann bleibt unter dem Strich, daß wir in NRW bei der Trinkwasserversorgung noch mit einem blauen Auge davongekommen sind. Aber die Schäden am Öko–System sind noch nicht abschätzbar“. Während die Bayer–Verantwortlichen den Vorgang in Uerdingen noch herunterspielten, gestand das Bayer–Werk in Leverkusen am Mittwoch einen neuen Unfall ein. Etwa 800 kg Methanol sind demnach zusammen mit Kühlwasser in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch aus bisher ungeklärten Gründen in den Rhein gelangt.

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