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Sturm im Bierglas

■ Börsenspekulationen bringen Guinness Verluste / Gastwirtboykott abgewendet

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Anfang der Woche leiteten Beamte des britischen Industrie– und Handelsministeriums in London eine Untersuchung der Geschäfte der größten Exportbrauerei der Welt, Arthur Guinness, ein. Eine Begründung dafür gab es nicht. Staatliche Untersuchungen von Aktiengesellschaften sind in Großbritannien äußerst selten. In London wird vermutet, daß Guinness „Insider–Informationen“ dazu benutzt hat, im großen Rahmen mit Aktien zu spekulieren. Diese Aktientransfers haben die Finanziers beiderseits des Atlantiks in den letzten Wochen in starke Unruhe versetzt. Schon im Frühjahr hatten die Bierbrauer für Schlagzeilen gesorgt: Guinness hatte in der größten Transaktion der britischen Geschichte die Aktienmehrheit von „Destillers Scotch Whisky“ für über sieben Milliarden Mark erworben. Nachdem britische Ministerialbeamte am Montag früh die Manager des Londoner Zweigwerkes der irischen Brauerei über die Untersuchung informiert hatten, reagierte die Börse sensibel. Innerhalb von Stunden fielen die Guinnessaktien um eine Mark, was einem Gesamtwertverlust von fast einer Milliarde Mark entspricht. Am Dienstag zeigte der Kurs weiterhin deutlich nach unten. Auch in ihrer Heimat haben die Hersteller des „irischten aller Getränke“ wenig Grund zur Freude. Am Montag hatte Guinness die Preise für sämtliche Produkte um vier Pence (= elf Pfennig) pro Paint (0,56 Liter) angehoben. Die Preiserhöhung wurde mit geplanten Investitionen begründet. Daraufhin beschloß die Vereinigung der Gastwirte in einer Sonderkonferenz am selben Tag, bestimmte „sensible“ Guinness–Produkte zu boykottieren. Danach gab es seit Mitte der Woche in mehreren irischen Großstädten kein „harp lager“ (helles Bier) in den Kneipen. Der Lagermarkt ist in Irland heftig umkämpft, und ein Boykott von harp trifft Guinness empfindlich. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß schon am Wochenende ein Kompromiß gefunden wurde: Die Preiserhöhung soll jetzt in Etappen von jeweils zwei Pence im Januar und März nächsten jahres laufen. Der Boykott dürfte damit erst einmal gestoppt sein.

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