EG: Kein Erfolg erwartet

■ Heute gehen zweitägige Beratungen der Agrarminister in Brüssel zu Ende / Die Kasse ist leer / Zahlungen werden ins kommende Jahr umgebucht

Von Ulli Kulke

Jetzt sind die Landwirtschaftsminister der Europäischen Gemeinschaft dran. Bei ihren gestern aufgenommenen und heute voraussichtlich zu beendenden Beratungen in Brüssel müssen sie zumindest den Eindruck erwecken, die Hauptprobleme der EG anzupacken, die die Staats– und Regierungschefs bei ihrem Londoner Gipfel am Wochenende elegant umgangen hatten. Sie sind schließlich für das Hauptproblem zuständig, die Agrarwirtschaft. Nichtsdestotrotz gehen Beobachter davon aus, daß am heutigen Dienstag, so kurz vor den Wahlen in der Bundesrepublik - und demnächst auch in Großbritannien - keine einschneidenden Beschlüsse mehr gefaßt werden, die die Bauernlobby und ihr Stimmvieh vergrätzen könnten. Gebirge von 1,5 Millionen Tonnen Butter (zum großen Teil weil ranzig kaum noch zum Verzehr geeignet), 1 Million Tonnen Magermilchpulver und 700.000 Tonnen Rindfleisch gilt es zu bewältigen. Diese Massen lagern unverkäuflich in den EG–Kühlhäusern, nachdem sie zu Garantiepreisen aus Steuermitteln vor allem von agroindustriellen Großbauernhöfen erstanden wurden. Die Lagerbestände sind dabei nur ein Bruchteil der von der EG bewirtschafteten Lebensmittel. 9,5 Millionen Tonnen Überschußmilch hat die EG–Bürokratie z.B. zu Preisen über dem Marktniveau im Jahre 1986 aufgekauft und zu weit billigeren Weltmarktpreisen wieder verhökert. Das kostet allein 5,6 Milliarden DM. Eine solche Politik geht dem EG–Haushalt mit 75 Milliarden DM, der zu ca. zwei Drittel von der Landwirtschaft absorbiert wird, inzwischen an die Substanz. Die 40 Mehrwertsteuereinnahmen, die die EG–Staaten für die Gemeinschaft Anfang des Jahres lockergemacht haben, sind demgemäß bereits wieder ausgeschöpft. Im Grunde müßte bereits jetzt ein erneuter Zuschlag angepeilt werden. Ein Teil der noch ausstehenden Zahlungen aus dem Agrargarantie–Fonds muß bereits jetzt ins Haushaltsjahr 1987 hinübergezogen werden, ohne daß ersichtlich wäre, wie im Etat des nächsten Jahres neben den entsprechend anfallenden Zahlungen auch noch Überhänge aus 1986 zu bewältigen wären. Verschulden darf sich die EG satzungsgemäß jedenfalls nicht. Die Töpfe für den Aufkauf zu garantierten Mindestpreisen sind bei Getreide, Rindfleisch, Obst, Gemüse und Tabak leer. Nur bei Wein, Milchprodukten und Olivenöl sieht es noch nicht ganz so schlimmm aus. Es hat in den letzten Jahren zwar Versuche gegeben, Problemlösungen zu finden. Sie als halbherzig zu bezeichnen, wäre jedoch Schönfärberei. Höchstabnahme– Quoten wurden den einzelnen Unternehmen auferlegt, die die Überschußproduktion um wenige Prozente absenken sollten, jedoch teilweise geschickt umschifft werden konnten. So ist die eingelagerte Buttermenge heute um 600.000 Tonnen schwerer als bei der Quoteneinführung vor zwei Jahren. Und auch die Milchproduktion lag im vergangenen Jahr um nahezu eine Million Tonnen über der Vorgabe, die man durch Einführung der Quoten erreichen wollte.