P O R T R A I T Ein neuer Arbeitgeberpräsident

■ „Ihr bekommt keinen Funktionär, sondern einen aktiven Unternehmer!“ / Murmanns Hauptanliegen ist Flexibilisierung und Förderung von Jungunternehmern

Berlin (taz) - Natürlich findet noch die Wahl statt, das ist schließlich demokratisches Brauchtum, aber die Entscheidung steht längst fest: Dr. Klaus Murmann heißt der neue Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber–Verbände. Die heutige Kür im Rahmen der Jahrestagung der Arbeitgeberzunft in Bonn steht unter dem Zeichen würdevoller Kontinuität. Schließlich ist der Neue ja auch ein alter Hase in der Verbandspolitk. 1975 übernahm der 54jährige Murmann den Vorsitz des Unternehmerverbandes im heimatlichen Rendsburg/Neumünster und in demselben Jahr auch gleich noch den Vorsitz der schleswig–holsteinischen Unternehmerverbände. Damit war er automatisch im Vorstand der Arbeitgeberverbände auf Bundesebene und ein Jahr später bereits in dessen Präsidium. Die Position als einer der Stellvertreter des Arbeitgeberpräsidenten gab ihm dann seit 1985 die Möglichkeit, sich gezielt auf das neue Amt vorzubereiten. Unter Gewerkschaftern würde diese Karriere als die typische „Ochsentour“ der Funktionäre verbucht. Aber genau das Image will Klaus Murmann nicht. „Ihr bekommt keinen Funktionär, sondern einen aktiven Unternehmer!“, machte er in Richtung auf den eigenen Verband klar. Tatsächlich ist Murmann der erste Arbeitgeberpräsident, der nicht aus dem Management eines Großunternehmens kommt, sondern eine eigene Firma besitzt. Ganz konsequent präsentiert er sich bei Interviews dann auch mit Vorliebe im eigenen Betrieb. Auch hier sind Erfolgsmeldungen zu verbuchen: Erwerb eines amerikanischen Patents für Spezialgetriebe; statt Übernahme des väterlichen Betriebes Gründung der Sauer Getriebe KG; heute ein Unternehmen mit 1.200 Beschäftigten, 250 Mio. Jahresumsatz und auf seinem Gebiet Nr.1 in Europa. Ohne zur neuen high–tech–Generation zu gehören, verkörpert Murmann das neue, dynamische Unternehmerleitbild. Das paßt gut zur Schwesterorganisation BDI, deren neuer erster Mann, Tyll Necker, auch mittelständischer Unternehmer ist. Sicher nicht nur, weil er auch aus Schleswig–Holstein kommt, hören sich die Arbeitsprogramme der beiden Vorsitzenden für die Wirtschafts– und Gesellschaftspolitik ähnlich an: Flexibilisierung der Arbeitszeit, Förderung von neuen Klein– und Mittelunternehmen, gemeinsame Anstrengungen von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Staat zur Modernisierung von Problemregionen. In der Nach–Schleyer–Ära gibt es zwar keine Doppelpräsidentschaft mehr, aber die neuen Führer von BDA und BDI präsentieren sich als politische Zwillinge, dies auch im Hinblick auf ihren Hauptkontrahenten, die Gewerkschaften. Murmann will sie „voll handlungsfähig“, denn die Sozialpartner früherer Tage sollen nicht an alten Besitzständen festhalten, sondern bereit sein zu einer De–Regulierungs–Partnerschaft in Sachen Ausbildung, Arbeitszeit und Tarifpolitik. Georgia Tornow