Johannes bedauert Frühstart

■ SPD–Kanzlerkandidat Rau will in der „Kontinuität“ von Brandt und Schmidt regieren, falls er gewählt wird „Umwelt“ jetzt Raus Wahlkampfthema Nr. 1 / Schlechte Prognosen von Allensbach für Sozialdemokraten

Berlin(dpa/taz) - Dialektisches bot der SPD–Kanzlerkandidat Rau auf seiner gestrigen Pressekonferenz an: Wer das Bewährte bewahren wolle, müsse zur Veränderung bereit sein, meinte er. Allerdings erläuterte er diesen Satz nur mit dem Hinweis, daß eine von ihm regierte Bundesregierung in der „Kontinuität“ von Brandt und Schmidt stehen werde, aber auch „gleichzeitig Erneuerung wagen“ würde. Rau setzte jetzt in den drei Schwerpunktthemen - Abrüstung, soziale Gerechtigkeit, Umwelt - die Umwelt obenan. (Bei seiner Kandidatur waren noch soziale Gerechtigkeit und nach der Hamburger Wahlniederlage die Abrüstung Thema Nr.1 gewesen.) In der Umwelttechnologie solle „Deutschland Weltspitze“ werden. Den Begriff „eigene Mehrheit“ benutzte er nicht mehr, sondern betonte nur die allgemeine Bereitschaft zur Übernahme der Regierungsverantwortung. „Betroffen“ war Rau über die Äußerungen des amerikanischen Unterstaatssekretärs Richard Perle: deutlich müsse gesagt werden, „daß wir das nicht für freundschaftlich halten.“ Auffällig war, daß Rau der personalpolitischen Diskussion nicht entkommen kann. Er wolle keine „Vorsitzenden–Diskussion“ vor der Wahl anfangen, betonte er gegen den indirekten Appell Willy Brandts, wonach Lafontaine als Parteivorsitzender nachfolgen solle. Zu Raus Äußerung in der letzten Woche, daß die SPD seine Kandidatur „zu früh ausgerufen“ habe, meinte der Herausforderer, er habe damit nicht gesagt, daß er deswegen die Wahl verlieren werde. Aber der Wahlkampf dauere „vielleicht ein bißchen lange“. Ein verhaltenes Eingeständnis Raus, daß er selbst nur noch mit Anstand über die Runden kommen will. Nach der jüngsten Umfrage haben sich die Chancen der Koalition sogar noch leicht gebessert: die Union ist jetzt bei 48 (34,7 (6,5 leicht im Abwind: 10 % (11,2 der Allensbach Umfrage das Ansehen der Gewerkschaften erfragt. Danach befürworteten 44 auch die Nicht–Gewerkschaftler den Rücktritt von DGB–Chef Breit. KH