: Sündenbock CSSR
■ Zum Umweltkrach im Sozialistischen Lager
Gerade als der Rhein durch Sandoz– und Bayer–Chemikalien umzukippen begann, lief in der CSSR tonnenweise Öl auf die trüben Fluten der Oder. Zu spät erkannte man in Polen, was gespielt wurde. Wenn nun die DDR über die CSSR wegen des Waldsterbens im Erzgebirge grummelt, dann ist dies bestimmt keine plötzlich unvorhergesehene Entwicklung. Vielmehr fängt man in der DDR an, die Ängste und den immer deutlicher werdenden Unmut in der Bevölkerung ernst zu nehmen: wenn Kinder nach dem Sportunterricht mit Atemnot zusammenbrechen, dann ist es wahrlich zappenduster im Erzgebirge. Und wie im Westen sind daran immer die anderen Schuld. Wenn auch der Buhmann CSSR viel Braunkohlendreck am Stecken hat, so ist das Waldsterben im Erzgebirge auch hausgemacht. Die Politik der hohen Schornsteine im Westen und der DDR trifft eben vor allem die Mittelgebirge. Und wer sich wie die Polen über Wasserverschmutzung der CSSR beklagt, sollte auch Warschau, die einzige Hauptstadt Europas ohne Kläranlage, nicht unerwähnt lassen. Wenn nun die Solidarität der Verschmutzer auch im Sozialistischen Lager abzubröckeln beginnt, dann ist dies dennoch nur ein Schaukampf. Eine Binsenweisheit ist, daß die Ursachen auch mit dem Starren auf Produktionsziffern zusammenhängen. Daß schon die Versorgung mit den einfachsten Gütern des Lebens Schwierigkeiten macht, darf als Entschuldigung nicht mehr gelten. Vielleicht haben jetzt Proteste der Bevölkerung mehr Effekt, als dies mancher Umweltaktivist hier und dort glauben mag. Jedenfalls ist dort die Flucht in den Urlaub oder in andere Erdteile weniger möglich als hier. Erich Rathfelder
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