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Waffen–Diplomatie sollte Golfkrieg schüren

■ Neue Nahrung für Vermutung, daß auf israelische Initiative hin Irangelder an Contra flossen / New York Times: US–Geheimdienste lancierten bewußt Falschinformationen an Iran und Irak / Auch der philippinische Ex–Diktator Marcos versorgte Iran mit Waffen

Jerusalem/Washington (wps/ afp/taz) - Bei der wöchentlichen Kabinettssitzung hat der israelische Handels– und Industrieminister Ariel Scharon am Sonntag eine vollständige Aufklärung der Öffentlichkeit über die Rolle Israels in der Iran–Contra–Affäre gefordert. Auch sein Kabinettskollege Annon Rubinstein verlangte eine fromelle Untersuchung, da die Glaubwürdigkeit der israelischen Regierung auf dem Spiel stehe. Während der israelische Regie rungschef Yitzhak Schamir jedoch weiterhin die Vorwürfe dementierte, erhärteten neue Erkenntnisse aus dem noch immer unveröffentlichten Senatsbericht zur Iran–Contra–Affaire, daß die Umleitung der Gelder aus dem Waffengeschäft an die Contras auf eine Initiative der israelischen Regierung zurückgeht. Der damalige Direktor des israelischen Außenministeriums, David Kimche, soll zusammen mit dem Berater des damaligen Regierungschefs und jetzigen Außenminister Pe res, Al Schwimmer, und den Waffenhändlern Yaakov Nimrodi aus Israel, Manucher Ghorbanifar aus Iran und Adnan Khashoggi aus Saudi–Arabien Ende 1984 in der Bundesrepublik darüber beraten haben, wie die US–Regierung von dem Geschäft überzeugt werden könnte. Das Treffen fand laut Senatsbericht drei Monate vor der ersten, von israelischer Seite zugegebenen Kontaktaufnahme zu Waffenhändlern in Iran statt. Die offizielle israelische Version lautet, daß sie erst auf Bitten der USA im Frühjahr in dem Geheimgeschäft tätig geworden sei. Aus dem Senatsbericht soll außerdem hervorgehen, daß Israel schon davor Waffen in eigener Regie an den Iran verkaufte. Die Erkenntnisse des Gerichts bestätigen die Behauptungen des von Reagan am Freitag veröffentlichten Memorandums des früheren Sicherheitsberaters Poindexter. Peres und dessen Anti–Terror– Berater, Amiram Nir, waren dort als Urheber der Waffenhandelsidee bezeichnet worden. Als Beweggrund wurde das Interesse an einer Fortsetzung des Golf–Kriegs genannt. Aus dem gleichen Interesse sollen die US–Geheimdienste in den letzten Jahren dem Iran und dem Irak bewußt falsche oder unvollständige Informationen zugleitet haben, um zu verhindern, daß einer der beiden Gegner im Golfkrieg die Vorherrschaft gewinnt. Laut New York Times seien an Teheran übertriebene Angaben über die sowjetische Truppenstärke an der iranischen Grenze weitergeleitet worden. Auf Satellitenaufnahmen, die der Regierung in Bagdad zur Verfügung gestellt wurden, fehlten wichtige Details. Der iranische Parlamentspräsident Haschemi Rafsandschani soll Anfang 1986 heimlich in London mit dem damaligen Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, David Kimche, zusammengetroffen sein. Wie die israelische Tageszeitung Davar berichtete, legte Rafsandschani während dieser Begegnung eine Liste von 80 führenden iranischen Vertretern der Politik und des Militärs vor, die an einer Annäherung an den Westen interessiert seien. Darunter sei auch Ahmad Khomeini, Sohn Ayatollah Khomeinis, gewesen. An dem Treffen, das in der Wohnung Nimrodis stattgefunden haben soll, nahm laut Davar auch Robert McFarlane teil, der zu dem Zeitpunkt Sicherheitsberater von US–Präsident Ronald Reagan war. McFarlane habe sich dafür eingesetzt, mit Waffenlieferungen die Verbindungen zu Iran aufrecht zu erhalten. Am Montag bestätigte der frühere philippinische Verteidigungsminister Enrile, daß während des Marcos–Regimes auf den Philippinen hergestellte Waffen in den Nahen Osten geschickt wurden. Rüstungsmaterial im Wert von 24 Millionen Dollar wurde zwischen 1984 und 85 über israelische und amerikanische Mittelsmänner an den Iran geschickt. Der Sprecher des gestürzten Diktators Ferdinand Marcos bestritt vom Exil auf Hawaii aus das Waffengeschäft.

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