: Mit Härte gescheitert
■ Zu den Reaktionen im Entführungsfall Cordes
Entführungen verbunden mit dem Versuch von Freipressung hat es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher so oft nicht gegeben. Bei der Entführung von Peter Lorenz, dem Festhalten von einigen Deutschen in Libyen, und bei einer Erpressung durch Khomeini gab die Bundesregierung nach. Nur ein einziges Mal blieb sie „hart“: 1977 nach der Entführung Schleyers und der Lufthansa–Maschine nach Mogadischu und dem damit verbundenen Versuch, Andreas Baader, Gudrun Ensslin u.a. freizupressen. Die damalige Regierung glaubte, mit ihrer „Härte“ dem Terrorismus einen entscheidenden Schlag versetzt zu haben. Wie falsch diese Einschätzung war, hat sich inzwischen längst erwiesen. Heute versucht die RAF zwar nicht mehr, Gefangene freizupressen, stattdessen begeht sie Genickschußmorde. Beunruhigend ist, daß von den damals Verantwortlichen keine Lehren gezogen worden sind. Ausgerechnet „Ben Wisch“, der vielgepriesene sozialdemokratische „Krisenmanager“, bot jetzt der Bundesregierung seine „Hilfe“ an, jener Mann, der neben noch ein paar anderen der sozialliberalen Koalition 1977 auf die unnachgiebige Haltung setzte und das „Staatsraison“ nannte. Und auch heute gab er der Bundesregierung den Rat, sich nicht erpressen zu lassen. Hans Jochen Vogel, damals (1977) Justizminister und ebenfalls hardliner, rät im Entführungsfall Cordes nun ebenfalls wieder dazu, nicht nachzugeben. Wenn heute wie damals die CDU eher für eine nachgiebige Haltung plädiert, sie immer bereit war und ist, die Frage der Statsraison nochmal zu überdenken, wenn es um das Leben eines Kapitalisten ging, so zeigt dies allein keinesfalls eine menschlichere Haltung. Trotzdem sollte man lieber klein beigeben und sich erpressen lassen, wenn man keine anderen Antworten weiß als die, sich nicht erpressen zu lassen. Max Thomas Mehr
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