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Chinas Parteiführung zieht die Zügel an

■ Präsident der Akademie der Wissenschaften und sein Vize amtsenthoben / Leiter der Propagandaabteilung entlassen / Neues Zensurbüro eingerichtet / Deng Xiaoping fordert neuen Kurs gegenüber / Bisher 16 Festnahmen nach jüngsten Protesten gemeldet

Peking (ap/afp) - Offenbar im Zusammenhang mit der Kampagne gegen liberales Gedankengut aus dem Westen sind am Donnerstag der Präsident und ein Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften, Lu Jiaxi und Yan Dongsheng, entlassen worden. Wie die Nachrichtenagentur Xinhua ohne Angabe von Gründen meldete, wurde die Amtsenthebung am letzten Tag einer Sitzung des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses bekanntgegeben. Normalerweise werden Umbesetzungen in der Akademie von dieser selbst vorgenommen. Beobachtern zufolge ist Lu für die Studentenproteste Anfang Dezember in Hefei verantwortlich gemacht worden. Von den jetzt entlassenen Spitzenleuten der Akademie der Wissenschaften selbst sind allerdings keine entsprechenden Äußerungen bekannt. Doch ist von anderen Mitgliedern der Akademie der Ruf nach mehr Demokratie und Freiheit unterstützt worden. Lu ist stellvertretender Vorsit zender der Chinesischen Demokratischen Bauern– und Arbeiterpartei, einer kleinen Gruppierung, der zumeist Ärzte angehören und die von der KP toleriert wird. Auch der Leiter der Propagandaabteilung in der chinesischen KP, Zhu Houze, ist, wie afp unter Berufung auf unterrichtete Kreise meldet, wegen seiner liberalen Haltung in ideologischen Fragen entlassen worden. Zhu war ein Vertrauter des demissionierten Parteichefs Hu Yaobang. Der 56jährige hatte im vergangenen Jahr öffentlich mehr Gedankenfreiheit in China gefordert. Als Beweis für die Entschlossenheit zu einer härteren ideologischen Gangart werteten Beobachter auch die am gleichen Tag bekanntgewordene Einrichtung eines staatlichen „Büros für Medien und Veröffentlichungen“. Dieses Gremium, das an die Stelle des alten staatlichen Pressebüros tritt, solle die Veröffentlichung von Nachrichten überwachen und presserelevante Gesetzesvorlagen und Verordungen sowie medienpolitische Maßnahmen der Regierung vorbereiten. Deng Xiaoping hat unterdessen die Partei zu neuem Vorgehen gegen Regimekritiker aufgefordert. „Heute müssen wir noch andere festnehmen.“ Bisher hat die chinesische Presse im Zusammmenhang mit den jüngsten Studentenunruhen die Festnahme von mindestens 16 Personen angekündigt. Keiner der Festgenommenen ist Student - die meisten von ihnen sind den Angaben zufolge junge Arbeiter. Ihnen werden „konterrevolutionäre Aktionen“, Störung der öffentlichen Ordnung und Aufstachelung der Studenten vorgeworfen.

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