Letzter Countdown im Handelskonflikt EG– USA

■ Neues Angebot an USA / Freitag Fristablauf / Gehts Sonntag los?

Von Ulli Kulke

Die EG–Außenminister haben sich am Montag nachmittag auf ein neues Angebot an die USA für erhöhte Importe von Mais und Industriegütern in die EG geeinigt, EG–Kommissar Willy de Clerqc wurde aufgefordert, die Offerte sofort der US–Regierung zu übermitteln. Am Wochenende waren Verhandlungen in Washington zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken noch ergebnislos zuendegegangen. Beobachter gehen jedoch davon aus, daß im Laufe dieser Woche noch eine Einigung zwischen de Clerqc und dem Handelsbeauftragten der Washingtoner Regierung, Clayton Yeutter, vor dem drohenden Konflikt gesucht wird - zur Not ein telefonischer Aufschub. Der Top–Hit „The final countdown“ der Gruppe „Europe“ ist aus den Chartlisten raus - für Real–Europa läuft jetzt der letzte Countdown, der Handels“krieg“ mit den USA steht an. Bis zum Freitag dieser Woche gewähren die USA der EG noch eine Erklärungsfrist. Kommt bis zu diesem Datum keine Einigung zwischen den beiden Kontrahenten zustande, wollen die USA ab Sonntag bestimmte EG–Produkte bei der Einfuhr mit 200–prozentigen Zollaufschlägen belegen. Dies gilt als Vergeltung dafür, daß die USA seit dem Beitritt Spaniens und Portugals zur EG Einbußen beim Futtermittel– Export in diese Länder in Höhe von 400 Millionen Dollar erlitten haben. Dabei war man in Washington am Wochenende gar nicht so weit voneinander entfernt. Zu Verhandlungsbeginn gingen die Amerikaner bei ihrer Forderung nach Entschädigung von einem Exportausfall von 2,9 Millionen t. Futter getreide aus, was 400 Mio. Dollar ergäbe. Die Verhandlungsdelegation der EG hielt dagegen, daß nach den Regeln des Allgemeinen Zoll und Handelsabkommens, GATT, der Export–Durchschnitt der vergangenen drei Jahre zugrundegelegt werden müsse. Dabei handele es sich um lediglich 2,6 Mio.t.. Die GATT– Vereinbarungen sprechen in der Tat für die grundsätzliche Berechtigung einer amerikanischen Ausgleichsforderung: Verschlechtert ein GATT–Mitgliedsland die Bedingungen für die Einfuhr aus einem anderen Staat, so ist es zu einem Ausgleich verpflichtet. Differenzen zwischen den USA und der EG gab es jedoch nicht nur in der Frage der Höhe des zugrundezulegenden Exportausfalls, sondern auch über den Bereich, in dem Entschädigungen laufen könnten. Die USA pochen auf andere landwirtschaftliche Exportmöglichkeiten in die EG entsprechend dem Ausfall der Futtermittellieferungen. Die EG möchte dagegen die verbesserten Bedingungen der USA für den Export von Industriegütern nach Spanien und Portugal in die Verhandlungen miteinbezogen wissen. Die Zölle für Industrie–Einfuhren aus Nichtmitgliedstaaten waren auf der iberischen Halbinsel vor ihrem EG– Beitritt weit höher als vorher. Der US– Handelsbeauftragte sah hier jedoch keine Besserstellung der US– Exportmöglichkeiten, weil sich in der heißumkämpften Region die Bedingungen vor allem für die Industriegüterlieferungen aus den übrigen EG–Ländern verbessert hätten. Die bräuchten hier nämlich seit einem Jahr gar keine Zölle mehr zu zahlen, und hätten von daher im Vergleich zur Zeit vor der EG–Erweiterung verbesserte Konkurrenzpositionen gegenüber den US– Produkten. Die EG wäre hier jedoch nach ihrem neuesten Angebot auch zu Ausgleichsmaßnahmen bereit, die über den bisherigen Zollabbau hinausgehen. Kommt bis Freitag keine Einigung zustande, so werden von den Vergeltungsmaßnahmen der USA vor allem französische Waren im Wert von 500 Mio.DM/Jahr betroffen sein. Die Bundesrepublik ist mit Exporten von lediglich 22 Mio.DM/Jahr dabei. Für den Fall des Ausbruchs des Handels“kriegs“ laufen voraussichtlich sofortige Gegenmaßnahmen der EG an: Strafzölle in Höhe von 86 bis 120 DM pro Tonne importiertem Maisstärkefutter und Reis aus den USA. Die zweite Runde würde dann von den USA - man erwartet Importbeschränkungen von Industriegütern - eingeläutet.