piwik no script img

Wallmann übernimmt Strahlen–Molke

■ Der derzeitige Eigentümer versteht die ganze Aufregung nicht und schlägt vor, die Molke mit Wasser zu „trinkbarer Milch“ zu verdünnen / 500 Tonnen in Ägypten dürfen nicht vom Frachter gelöscht werden

Berlin (ap/taz) - Ägyptische Behörden reagieren verstimmt darüber, daß ihr Land zur Kloake für radioaktives Milchpulver aus der Bundesrepublik wird. Der Botschafter soll in Bonn vorstellig werden. Der seit Montag im Hafen von Alexandria liegende zypriotische, aus Hamburg kommende Frachter „Trans Mariner“ darf seine 500 to Molkepulver vorerst nicht löschen. Proben werden untersucht. Sollte das Pulver radioaktiv verseucht sein, werde die Ladung vernichtet, teilt der ägyptische Gesundheitsminister mit. Gestern stellte sich jedoch heraus, daß das Milchpulver aus EG–Beständen stammt und erst in Antwerpen zugeladen wurde. Umweltminister Wallmann hat sich mittlerweile „zuständig gemacht“, wie er selbst erklärt. Er will sich des Waisenkindes Molke–Gift kraft seines Amtes annehmen und dessen Entsorgung durch die öffentliche Hand betreiben. Die beiden um die Molke streitenden Länder Nordrhein–Westfalen und Bayern forderte er auf, doch bei der Bewältigung des Problems bitte zusammenzuarbeiten. Unterdessen meldete sich der derzeitige Eigentümer und Firmeninhaber der „Lopex“, Wolf– Rüdiger Sprang, zu Wort. Eine Verdünnung mit Wasser zu trinkbarer Milch würde den Cäsium–Gehalt ja wieder herabsetzen. Im übrigen verstehe er die Aufregung nicht. „Es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, dieses hochwertige Tierfutter der Dritten Welt vorzuenthalten, wo die Leute mit Hungerbäuchen herumlaufen!“ Da weiß er sich einig mit der bayerischen Staatsregierung, die die „maßlose Hysterie“ auch nicht begreift. Nordrhein–Westfalen dagegen will das Zeug jetzt sofort loswerden. Der Kölner Regierungspräsident hat in Absprache mit der Landesregierung die Rücknahme der 50 Eisenbahnwaggons durch Bayern angeordnet und den „sofortigen Vollzug“ verfügt. NRW–Umweltminister Mathießen: „Bayern wird es nicht gelingen, durch Herunterspielen der Angelegenheit von eigenem Fehlverhalten abzulenken.“ Imma Harms

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen