: USA: Export wichtiger als nationale Sicherheit
■ Export–Beschränkungen jetzt aufgeweicht / „Entamerikanisierung“ beklagt
Von Ulli Kulke
Das Handelshemd sitzt der US– Regierung noch allemal näher als die Hose ihrer nationalen Sicherheit, wenn es um harte Dollars geht. Handelsminister Malcolm Baldrige hat jetzt die Aufweichung von Exportbeschränkungen für die US–Wirtschaft bekanntgegeben, mit denen einst unerwünschte Exporte „sensibler“ Güter in die Ostblockstaaten unterbunden werden sollten. Der Hintergrund: Das dramatische Handelsbilanzdefizit der USA in Höhe von 170 Milliarden Dollar 1986 ( die gesamten Exporte betrugen im vergangenen Jahr 217 Milliarden Dollar). Die vereinfachten Verfahren zur Erlangung der Exportlizenzen sollen im Laufe dieser oder der nächsten Woche in Kraft treten. Die demnächst gültige „ Allgemeine Lizenz für kooperierende Regierungen“ gilt für Exporte in Mitgliedstaaten des westlichen Cocom–Clubs, für den gemeinsam vereinbarte Richtlinien beim Osthandel gelten. Sie erlaubt US– Unternehmen jetzt praktisch uneingeschränkte Lieferungen an westliche Staatsbetriebe oder Firmen, die „wirksam von Regierungen kontrolliert“ werden, wie z.B. Bundesbahn oder Post in der Bundesrepublik. Die Staatsfirmen werden danach von den US– Behörden als „anerkannte Endverbraucher“ registriert, bei denen sie davon ausgeht, daß sie die US–Technologie nicht heimlich gegen die Abmachungen an den Ostblock weiterverhökern. Betreiber des bislang gültigen Exportkontrollsystems, das die Wirtschaft starken Einschränkungen unterwarf, war das Verteidigungsministerium. Insbesondere militärisch wichtige Technologie sollte nicht auf Umwegen in den Ostblock gelangen. Was jetzt jedoch angesichts des Handelsdefizits wichtiger ist, machte Baldridge deutlich: „Der erhebliche und wachsende Trend weg vom Gebrauch amerikanischer Produkte, eine Art Entamerikanisierung“ auf der Welt. Nicht zuletzt dürften die USA bei ihrer Exportliberalisierung an die jeweiligen Fernmeldeunternehmen wie die Bundespost als „staatlich kontrollierte Endverbraucher“ als Kunden der US–Firmen denken, hat sich doch ihre Handelsbilanz in den letzten Jahren auch besonders im Bereich der Telekommunikation verschlechtert. Die selbstauferlegten Exportfesseln sind hier in der Tat eigentümlich, wenn Washington andererseits etwa versucht, durch diplomatischen Druck dem US– Telekommunikationshersteller AT&T den Kauf des französischen Unternehmens zu sichern. Über diesen Fernmeldekonzern wollte man den Zugang zum europäischen Telefonmarkt ergattern. Die US–Regierung kündigte Gegenmaßnahmen an für den Fall, daß nicht AT&T, sondern Siemens den Zuschlag beim CGCT– Verkauf erhalte. Auch hatte der Vorsitzende der US–Fernmeldekommission Mark Fowler kürzlich erklärt, man wolle keine Importe mehr in dieser Branche zulassen: Die „nationale Sicherheit“ sei „gefährdet“, wenn die Telekommunikations–Infrastruktur in den USA aus dem Ausland gekauft werde. Nunmehr geht man offenbar erstmal dazu über, die eigenen Exporthindernisse anzupacken. Einer der spektakulärsten Exportstopps, den die US–Regierung aus Angst vor sensiblen Exporten in den Ostblock gegenüber den Firmen ihres Landes auferlegt hatte, betraf das europäisch–sowjetische Erdgas–Röhrengeschäft im Jahre 1983. Kein US–Konzern (inclusive der europäischen Töchter) durfte Gerätschaften für dieses „Jahrhundert“–Vorhaben an die UdSSR liefern.
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