Zehn kleine Negerlein...

■ Exodus der Reagan–Mannschaft im Gefolge der Iran–Contra–Affaire / Kein Grund zur Schadenfreude angesichts des weiteren Rechtstrends in der Polit–Landschaft

Berlin (taz) - Präsident Reagans Ex–Sicherheitsberater McFarlane wird seinen Selbstmordversuch überleben. Doch dieser Versuch, sich selbst einzuschläfern, um ein für Montag morgen angesetztes Verhör vor dem präsidialen Untersuchungsausschuß der Iran–Contra–Affäre zu vermeiden, erschreckt. So tief schon hat sich die vormals als unbesiegbar feiernde Reagan–Regierung in ihrem Lügengewirr verstrickt, daß ihre Mitglieder - im Loyalitätskonflikt zwischen dem Präsidenten und der Wahrheit - sich selbst aus dem Weg räumen. McFarlane, der sich nicht entblödete, für seinen Chef mit Bibel und Kuchen nach Teheran zu fliegen, um Waffen gegen Geißeln zu tauschen, ist nach Aussage seiner Freunde ein gebrochener Mann. Immerhin brachte er jedoch den Mut auf, die persönliche Verantwortung für das Debakel zu übernehmen, während seine Kollegen im Weißen Haus es vorziehen, zu schweigen oder zu kündigen. Die Liste derjenigen, die das sinkende Schiff verlassen, wird von Tag zu Tag länger. McFarlane war schon im Dezember 1985 ausgestiegen, hatte sich aber für eventuelle Missionen wie den unseligen Flug nach Teheran im Mai 1986 bereit gehalten. McFarlaines Nachfolger Poindexter und sein Mitarbeiter im Sicherheitsrat, North, wurden als die Drahtzieher der Affäre geschaßt, hielten aber dicht. CIA–Chef Casey erkrankte rechtzeitig an einem Gehirntumor - Zufall oder nicht. Kurze darauf kündigte Reagans Sprecher Speakes. Auch der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Weißen Haus Buchanan will gehen. Er wird sich darum bemühen, seinen ultra–rechten Gefolgsleuten mehr Gewicht in der Republikanischen Partei für den Präsidentschaftswahlkampf zu verschaffen. Ob ihn sein Gesinnungskollege, der stellvertretende Verteidigungsminister Perle, darin unterstützen wird, steht noch nicht fest. Rücktrittsgerüchte hat der SDI–Fan und „heimliche“ Pentagon–Chef bisher noch immer dementiert. Der Exodus der Reagan–Mannschaft würde zu Schadenfreude reizen, wären nicht Befürchtungen realistisch, daß das Vakuum, das durch Reagans Machtverlust geschaffen wird, einen weiteren Rechtstrend der amerikanischen Polit–Landschaft mit sich bringen könnte. Da Reagans rechte Freunde die Gunst der Stunde nutzen und die „Grand Old Party“ auf einen stramm konservativen Kurs einschwören wollen, werden die Demokraten das Vakuum in der Mitte zu füllen versuchen. Keine rosigen Aussichten für die Linken, aber vielleicht Grund, stärker über eine eigene Parteibildung nachzudenken. Michael Fischer