piwik no script img

I N T E R V I E W „Das ist nur noch zynisch“

■ Jutta Ditfurth, im Bundesvorstand der Grünen und hessische Radikalökologin, zur Aufstellung der Kandidatenliste für die hessischen Landtagswahlen im April

taz: War die Delegiertenversammlung gestern das „Waterloo“ der Fundamentalisten in Hessen? Jutta: Das war eine brutale Ausgrenzung der Radikalökologen und Ökosozialisten aus den Grünen. Eine ganze Strömung der Partei soll nicht mehr im Parlament vertreten sein. Außerdem wurde der Minderheitenschutz mit nur 30 Stimmen Differenz gekippt, den ich miteingeführt habe, als ich im hessischen Landesverband noch für eine 80prozentige Mehrheit stand. Die Grünen können nur überleben, wenn die Vielfalt ihrer Strömungen erhalten bleibt und nicht eine Strömung den Größenwahn kriegt und anfängt, nur noch durchzuziehen. Das war ein Radikalenerlaß, der nicht mehr nach der linken Qualifikation der Kandidaten gefragt hat. Werdet ihr austreten? Fischer und die Realos haben unseren Rauswurf versucht. Wir reagieren damit, daß wir sagen: Leute, um Gottes willen nicht austreten! Wir haben am Sonntag deutlich gesagt, daß wir bei einer Entscheidung für die Koalition den Mehrheitswillen nicht brechen wollen. Wir verlangen aber Meinungsfreiheit im Landtag und nicht die politische Kultur zerstörende Fraktionsdisziplin. Ihr werdet euch dem Wahlkampf in Hessen verweigern? Das wird am Samstag auf unserem linken Treffen um 14.00 Uhr im „Römer“ diskutiert. Aber ich kann jetzt schon sagen: Wenn jetzt irgendwelche Realos scheinheilig ankommen und auf unsere Energie und Phantasie rechnen, dann ist das nur noch zynisch. Im letzten Bundeswahlkampf hatten unsere Prominenten in Hessen Auftrittsverbot. Wir wurden sogar gekippt, wenn wir irgendwo eingeladen waren. War der realpolitische Durchmarsch ein abgekartetes Spiel? Ja. Den hat die Gruppe um Cohn–Bendit organisiert. Ich finde es schlimm, daß Delegierte das mit sich machen lassen. Sie verzichten damit auf einen Teil ihrer Geschichte und ihrer politischen Kultur.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen