Zwischenbilanz im Antes–Ausschuß

■ Berliner Korruptionsausschuß legt Zwischenbericht vor / CDU: „Schwarze Schafe gibt es überall“ / AL und SPD kritisieren Regierenden Bürgermeister / AL stellt in ihrem Minderheitenvotum mangelnde Aufklärung fest

Von Benedict M. Mülder

Berlin (taz) - Darin waren sich die Berliner Alternative Liste und die SPD einig: Die Rolle des Regierenden Bürgermeisters Diepgen (CDU) in der nach dem wegen Bestechlichkeit zu fünf Jahren verurteilten Ex–CDU–Baustadtrat Antes genannten Korruptionsaffäre wird von der Regierungspartei verharmlost. Gestern legte der Untersuchungsausschuß „zur Aufklärung der Hintergründe von öffentlichen Entscheidungen im Berliner Bau– und Grundstücksbereich“ nach 35 Sitzungen seine Zwischenbilanz vor. Allein die lange und hochrangig besetzte Zeugenliste sagt mehr über den Untersuchungsgegenstand aus als das, was jetzt auf 118 Seiten zusammengetragen wurde. Unter bisher insgesamt 92 vernommenen Zeugen waren der Regierende Bürgermeister, fünf Senatoren und genauso viele Staatssekretäre, ein Dutzend Spitzenbeamte bis hin zum Staatsminister im Kanzleramt, Vogel (CDU), der Berliner CDU–Generalsekretär Landowsky und zahlreiche Baulöwen. Als das Hauptübel formuliert SPD–Ausschußmitglied Schneider die Tatsache, daß „sehr viele Zeugen an Gedächtnisschwund litten, kaum einer Fehler eingestand, sondern verharmloste oder im Zweifel alles auf Antes schob“. Insbesondere Diepgen habe nach der Devise verfahren: „Ich will nichts wissen, nichts hören, nichts lesen.“ Absichtsvolle Verzögerung erkannte Schneider darin, daß Diepgen dem Korruptionsverdacht gegen Antes im Vorfeld der Wahlen 1985 nicht schonungslos nachgegangen sei. Genau dies nahm die AL zum Anlaß, um in ihrem Minderheitenvotum die „mangelnde Aufklärung der parteipolitischen Hintergründe“ zu monieren. Während die Oppositionsparteien, aber auch die FDP in ihrem Resümee das System der öffentlichen Bauförderung, der Vergabeverfahren und Baugenehmigungspraxis kritisierten, machte der CDU–Ausschußvorsitzende Schütze lediglich „Verfehlungen von Einzelnen“ aus. Berlin sei kein Sumpf und die Korruption nicht von „langer Hand durch Gruppen oder Parteien organisiert“. „Leute wie Antes gibt es in jeder Partei“, meinte Schütze. Uneinig sind sich die Parteienvertreter auch darin, wie lange der Ausschuß noch tagen soll. Von 35 Bauprojekten ist bisher lediglich eines unter die Lupe genommen worden. Die CDU möchte im 750. Geburtsjahr der Stadt mit der Ausschußarbeit zu Ende kommen. Für die Opposition meinte SPD– Schneider: „Ein Skandal ist mit der Aufdeckung nicht zu Ende, da fängt er erst richtig an.“