Winnie Mandela: mit Geschäftswelt kooperieren

■ Bei dem Kongreß der größten schwarzen Gewerkschaft Südafrikas, der NUM, überraschte Winnie Mandela die Delegierten mit der Idee, Südafrikas Arbeiter und Geschäftsleute zusammenzuführen / Aussage für sozialistische Gewerkschafter der NUM kaum akzeptabel

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - „Hand in Hand mit den Geschäftsleuten dieses Landes, die wahre Patrioten sind, werden wir dafür sorgen, daß der Reichtum des Landes erheblich wächst und gerecht im Volk geteilt wird.“ Mit dieser Zukunftsvision überraschte Winnie Mandela am Donnerstag in ihrer Eröffnungsrede die 750 Delegierten des fünften Jahreskongresses der größten Einzelgewerkschaft Südafrikas, der 350.000 Mitglieder starken schwarzen Bergarbeitergewerkschaft NUM. Sie sprach stellvertretend für ihren lebenslänglich inhaftierten Mann Nelson und beschuldigte Pretoria, eine „Solidarität zwischen Geschäftsleuten und Arbeitern“ verhindern zu wollen. Die Regierung habe Angst vor der „Demokratisierung des Kapitals“, in der die „organisierte Arbeiterschaft ein Mitspracherecht in Entscheidungen“ haben werde. Trotz der Tatsache, daß „der Arbeiter unter der Apartheid gelitten habe und der „Geschäftssektor bis vor kurzem als Teil des Status quo“ betrachtet worden sei, betonte Mandela die Bedeutung „gemeinsamer Konsultationen“ zwischen der NUM, dem Kongreß südafrikanischer Gewerkschaf ten COSMU und dem Geschäftssektor. Für die militanten NUM– Delegierten, die für eine Kontrolle der Produktionsmittel kämpfen, sind solche Aussagen kaum akzeptabel. Allein das Motto des Kongresses: „1987 - Das Jahr, in dem Bergleute die Kontrolle übernehmen“, räumt der Geschäftswelt wenig Spielraum ein. So betonte auch NUM–Präsident James Motlatsi: „Nur eine demokratische sozialistische Gesellschaftsordnung, die die Reichtümer des Landes zum Wohl des Volkes nutzt, wird die Krise lösen können.“ Doch dieses „sozialistische Ziel“ sei nur mit Hilfe der Jugend–, Bür ger–und Frauenorganisationen zu erreichen. Einen Ausbau der Allianz zwischen Gewerkschaften und anderen außerparlamentarischen Oppositionsgruppen stellte auch Murphy Murobe, der amtierende Pressesprecher der Vereinigten Demokratischen Front (UDF), in Aussicht. Die UDF trat hier seit Verhängung des Ausnahmezustandes im Juni 86 wieder in der Öffentlichkeit auf. Das Jahr 1986 war für die NUM, wie für die gesamte Opposition in Südafrika, durch zunehmende Militanz gekennzeichnet. Der Jahresbericht der Gewerkschaft spricht von insgesamt 113 Streiks im Bergbausektor. Die NUM mußte jedoch auch Rückschläge hinnehmen. Tarifverhandlungen mit der Minenkammer, dem Arbeitgeberverband des Bergbausektors, waren nicht so erfolgreich wie erwartet. Allgemeiner spricht der NUM– Bericht von einer „strukturellen Wirtschaftskrise“ in Südafrika. Ein Zeichen seien die etwa vier Millionen Arbeitslosen. Indessen „ist das Regime unfähig, das Land zu regieren. Der anhaltende Widerstand bringt die Möglichkeit einer wirklich grundsätzlichen Veränderung der Gesellschaft“, heißt es in dem Bericht. „Doch in dieser dramatischen Veränderung müssen die Interessen der Arbeiterklasse Vorrang haben.“