: Aminosäurencocktail als AIDS–Medikament?
■ Schwedische Ärzte wecken Hoffnungen auf mögliche AIDS–Therapie / Präparat aus acht Aminosäuren scheint weiße Blutkörperchen vor dem Eindringen des HIV–Virus zu schützen / Bisher wurden jedoch nur vier Patienten mit guten Ergebnissen behandelt
Stockholm/Berlin (ap/taz) - Allererste Erfolge in der AIDS– Therapie meldete der schwedische Arzt Dr. Lennart Wetterberg vom Karolinska–Forschungsinstitut in Stockholm. Das getestete Medikament scheine nach ersten Beobachtungen das Eindringen des AIDS–verursachenden HIV– Virus in die T–4–Lymphozyten, so heißt die vom Virus befallene Art der weißen Blutkörperchen, als auch in die Gehirnzellen zu verhindern. Außerhalb der Zellen können die Viren keinen Schaden anrichten und sich nicht ernähren. Wie Wetterberg berichtete, sind die Schweden die ersten, die „Perpide T“, eine Mischung aus acht Aminosäuren, am Menschen erproben. Das Medikament war vor mehr als einem Jahr in den USA am Nationalen Institut für Gesundheit in Bethesat bei Washington entwickelt, aber wegen strenger Zulassungsvorschriften in den USA den Schweden zur Erprobung überlassen worden. Vier männlichen Patienten zwischen 31 und 41 Jahren wurde zweimal täglich Perpide T gespritzt. Nach vier Wochen zeigten sich erste Ergebnisse. Die Zahl der Lymphozyten war wieder angestiegen. Das Allgemeinbefinden hatte sich nicht verschlechtert. Die Häufigkeit von Infektionen war zurückgegangen, bei einem Patienten auch eine Schuppenflechte. In Gegensatz zu anderen chemotherapeutischen Medikamenten soll Perpide T kurzfristig keine großen Nebenwirkungen gezeitigt haben. Nur bei einem Patienten sei es zu einem Absinken des Blutdrucks gekommen. Die Ärzte der Krankenhäuser in St. Görans und Roslagstull sowie am Karolinska–Institut haben jetzt die Genehmigung für eine Studie erhalten, in die ab März 40 Patienten einbezogen werden sollen. Die Hälfte soll mit Perpide T, die andere mit einem wirkungslosen Placebo behandelt werden. Ein Therapieansatz auf Aminosäurenbasis wird in Wissenschaftlerkreisen seit langem als vielversprechende Möglichkeit diskutiert. Bedenken ergaben sich neben den Schwierigkeiten, eine geeignete Substanz zu finden, auch darin, daß mögliche andere biologische Funktionen dieser Rezeptoren ebenfalls blockiert würden und sich daraus auch Nebenwirkungen ergeben könnten. Mit einer auf dem Magnetsystem basierenden Apparatur, mit der man wie mit einer Kamera Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem beobachten könne, habe man laut Wettenberg auch einen Heilungsprozeß im Gehirn der Patienten beobachten können. In Fachkreisen bleibt dennoch heftig umstritten, ob die beschriebenen Aufnahmen des Gehirns in der Lage seien zu beweisen, daß andere Zellen, z.B. die Makrophagen, auch durch Perpide T geschützt werden könnten. Befallene Makrophagen schleusen den Erreger über die Blut–Hirn– Schranke in vor vielen Medikamenten sichere Gefilde im Gehirn. In dieser Fluchtburg kann sich das Virus weiter vermehren und das Gehirn zerstören. Trotz der fast unverantwortlich frühen Erfolgsmeldung aus Schweden urteilen deutsche Beobachter unter Vorbehalten dennoch: „Ernstzunehmen.“ Das bisher zur AIDS–Therapie verwendete und wegen verheerender Nebenwirkungen gefürch tete AZT, (bisher bekannte AIDS– Medikamente müssen ein Leben lang verabreicht werden) verspricht nach seiner Zulassung im Januar laut Wall Street Journal, lukrativstes Medikament der Medizingeschichte zu werden. Bei 5.000 Dollar pro Patient wird ein Jahresumsatz von 1,3 Milliarden Dollar erwartet. Perpide T könnte das Geschäft vielleicht versauen. k.k.
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