piwik no script img

Frankreich befürchtet neue Anschläge

■ Lebenslange Haftstrafe im Abdallah–Prozeß / Staatsanwaltschaft drängte erfolglos auf milderes Urteil / US–Botschafter Rodgers begrüßte Entscheidung des Gerichts / Anwalt: Kriegserklärung an militante Araber / Verteidigung will keine Berufung einlegen

Aus Paris Georg Blume

Nachdem das Pariser Sonderschwurgericht, das sich aus sieben Berufsrichtern zusammensetzte, am Sonnabend den Libanesen Georges Ibrahim Abdallah zu lebenslanger Haft verurteilte, befürchtet die französische Regierung offensichtlich eine Fortsetzung der Attentate des „Solidaritätskomitees für die arabischen politischen Gefangenen“ (CSPPA), mit denen Abdallah im September 1986 freigepreßt werden sollte. Noch am Wochenende wurden deshalb die Sicherheitsvorkehrungen in Paris und an den Grenzen verstärkt. Diese Reaktion der französischen Regierung, aber auch die schnelle Beendigung des Abdallah–Prozesses sowie das Verhalten der Staatsanwaltschaft im Prozeß, die erfolglos auf ein mildes Urteil drängte, bestätigen indirekt die Berichte von einem französisch–syrischen Abkommen. Dabei soll Syrien Hilfe zur Eindämmung der Attentate in Frankreich zugesichert haben. Im Gegenzug habe Frankreich rasche Verurteilung und Freilassung Abdallahs zugesagt. Der jetzige Richterspruch macht nun eine vorzeitige Freilassung Abdallahs unmöglich, es sei denn, die Regierung wende sich mit einem Begnadigungsgesuch an Präsident Mitterrand. Diese scheint politisch jedoch nicht durchsetzbar. Französische Politiker vom Rechtsradikalen Le Pen bis zu den Sozialisten würdigten einmütig Urteil und Unabhängigkeit des Sonderschwurgerichts. Einzig die Kommunisten sprachen von einer „blamablen Affaire, die direkt den Absichten der US–Diplomatie diene“. Die Regierung der USA war in dem Prozeß als Nebenkläger aufgetreten und hatte ein hartes Urteil gefordert. Der US–Botschafter Rodgers meinte nach der Entscheidung des Gerichts, die USA hätten Recht gefordert, und nun sei Recht gesprochen worden. Der Verteidiger Abdallahs, Verges, bezeichnete das Urteil als „Kriegserklärung an arabische Aktivisten“. Er will keine Berufung einlegen. Reportage auf Seite 7

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen