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USA legt Abrüstungsvorschlag in Genf vor

■ Verhandlungen über Mittelstreckenwaffen sollen ohne Unterbrechung fortgesetzt werden / Reagan begrüßt Gorbatschows Offerte / Mitterrand korrigiert die zunächst ablehnenden Reaktionen Frankreichs / Überprüfbarkeit bleibt wichtigste Forderung

Paris/Berlin (taz/dpa) - Nur zwei Tage nach der Sowjetunion haben am Mittwoch auch die USA bei den Rüstungskontroll–Verhandlungen in Genf einen Vorschlag für den Abzug aller Mittelstreckenwaffen aus Europa vorgelegt. Damit besteht die Mög lichkeit, daß die beiden Supermächte sich noch in diesem Jahr auf einen entsprechenden Vertrag einigen. Sowohl nach dem sowjetischen als auch nach dem amerikanischen Vorschlag sollen beide Seiten je 100 Sprengköpfe auf Mittelstreckenraketen behalten, und zwar die UdSSR im asiatischen Teil des Landes und die USA auf eigenem Territorium. Die Zahl 100 bedeutet aus US– Sicht, daß die UdSSR 33 Raketen des Typs SS–20 behalten könnten. Den USA würde Pershing–II und bodengestützte Marschflugkörg per mit zusammen 100 Sprenköpfen verbleiben. Beide Seiten haben vereinbart, die Verhandlungen über die Mittelstreckenwaffen ohne Unterbrechung fortzusetzen. US–Präsident Reagan und der französische Staatschef Mitterrand haben die Vorschläge von Gorbatschow begrüßt. Reagan erklärte am Dienstag in einer überraschend einberufenen Pressekonferenz, Gorbatschow habe mit seinem Angebot ein „ernstes Hindernis“ beseitigt. Fortsetzung auf Seite 6 Kommentar Seite 4 Die USA seien an zügigen Verhandlugnen interessiert. Konsultationen mit den europäischen Verbündeten seien im Gange. Am Mittwoch entschied der französische Ministerrat unter Vorsitz von Mitterrand nach den Worten von Regierungssprecher Juppe, daß „Frankreich Verhandlungen der beiden Großmächte über die europäischen Mittelstreckenraketen nicht feindlich gegenüber stehe unter der Bedingung, daß es zu einer ausgewogenen, kontrollierbaren und gleich zeitigen Lösung komme.“ Zu dieser Stellungnahme kam es offenbar nach einem Machtwort Mitterrands im Ministerrat. Im französischen Außenministerium, am Quai dOrsay fürchtete man bereits die „Entnuklearisierung Europas“, die auf kurz oder lang auch die französische „force de frappe“ erfassen würde, eine Sorge, die alsbald von den sozialistischen Ex–Verteidigungsministern Hernu und Quiles geteilt wurde. Entgegen den Auffassungen Hernus und Quiles bezeichnete der sozialistische Spitzenpolitiker Chevenement das Abrüstungsangebot Gorbatschows als „historische Chance auf dem Weg zur Selbstbestimmung Europas“. Der Schiedsspruch des Ministerrats, dem Konsultationen mit den westeuropäischen NATO–Ländern vorausgingen und der im Einvernehmen von Mitterrand und Premierminister Chirac geschah, dürfte diesen Querelen nun ein Ende bereiten. Frankreich hat gegen ein US– sowjetisches Abkommen über die europäischen Mittelstreckenraketen solange nichts einzuwenden, wie die „force de frappe“ unberührt bleibt.Mitterrand hält damit an der Formel aus seinem Wahlprogramm von 1981 „weder Pershing noch SS 20“ fest und unterstreicht seinen Einfluß auf die französische Außen–und Verteidigungspolitik in der Zeit der „Cohabitation“.

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