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P O R T R A I T „Prinz der Finsternis“ entthront

■ Abrüstungsgegner Perle verläßt das Pentagon - enttäuscht über die nachgiebige Haltung dem „Reich des Bösen“ gegenüber / In Ungnade bei Reagan gefallen?

Von Michael Fischer

Berlin (taz) - Enttäuscht über Reagans nachgiebige Haltung gegenüber dem „Reich des Bösen“ hat der für seine Ablehnung von Abrüstungsverhandlungen bekannte Unterstaatssekretär im US–Verteidigungsministerium, Richard Perle, am Donnerstag seinen Rücktritt erklärt. Der „Prinz der Finsternis“, wie Perle von seinen Gegnern genannt wird, war während seiner sechsjä um sämtliche Rüstungskontroll– oder Abrüstungspläne zwischen den USA und der Sowjetunion zu hintertreiben. Bemühungen um Ausgleich mit dem Erzfeind grenzen für Perle an Verrat, deshalb gerieten häufig auch die europäischen Verbündeten in die Schußlinie seiner geharnischten Kritik. Der Quertreiber, der erst am Mittwoch statt eines Truppenabzugs aus Europa eine Verstärkung des US–Personals forderte, das die in Westeuropa stationierten Mittelstreckenraketen betreibt, scheint jedoch in den letzten Wochen bei Reagan in Ungnade gefallen zu sein. Die Kraftmeierei des Entspannungsfeinds steht den Bemühungen des Präsidenten im Wege, sein angeschlagenes Image mit einem Abkommen über den Abbau der Mittelstreckenraketen in Europa wieder aufzupolieren. Öffentlich wurden die Spannungen zwischen Perle und dem Weißen Haus erstmals vor einigen Wochen, als Reagans Pressesprecher Fitzwater Perles Angriffe gegen die europäischen Verbündeten auf der Wehrkundetagung in München zu dessen Privat–Sache erklärte: „Er hat nicht für den Präsidenten gesprochen.“ Perle hatte gedroht, Truppen aus Europa abzuziehen, falls die Verbündeten nicht ihre Märkte für US–amerikanische Güter öffneten. Burt ist nach eigenen Aussagen nicht gegen ein Abkommen mit der Sowjetunion, er wolle nur kein schlechtes. Deshalb brachte er auch die „Waldspaziergang“–Lösung bei den Genfer Verhandlungen 1983 zu Fall, als die damaligen Unterhändler Nitze und Kwizinski sich auf einen Kompromiß verständigt hatten: Abbau aller SS–20 gegen den Verzicht auf die Pershing–Stationierung. Dem „heimlichen Pentagon–Chef“, wie Perle auch genannt wurde, gelang es dank seiner langjährigen parlamentarischen Erfahrung und seinem Fachwissen, eine Allianz mit Gleichgesinnten im Kongreß aufzubauen, die ihn zu einem gefährlichen Gegner auch für seine Vorgesetzten Weinberger und Staatssekretär Ikle machte. Nach seinem Sturz plant Perle, ein Buch über seine in Washingtoner Erfahrungen zu schreiben.

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