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D O K U M E N T A T I O N Für ein „gemeinsames europäisches Haus“

■ DDR–Wissenschaftler sprechen sich für eine Beteiligung an westeuropäischen EUREKA–Projekten aus Betonung liegt auf ziviler Technologie–Forschung als Gegenpol zum militärischen SDI–Programm der USA

Am 18. Dezember 1986 fand in der Redaktion der DDR–Zeitschrift IPW–Berichte eine Diskussion unter renommierten Wissenschaftlern statt, in der es um die veränderten Machtstrukturen im westeuropäischen Bündnis und ihre Konsequenzen für die Ost–West–Politik ging. In diesem Zusammenhang befürworten verschiedene Diskussionsteilnehmer die von Bundesaußenminister Genscher vorgeschlagene Beteiligung der osteuropäischen Staaten an einzelnen EUREKA–Programmpunkten. Wir dokumentierten Auszüge des Gesprächs, das in der März–Ausgabe der IPW–Berichte veröffentlicht ist. Wilhelm Ersil, Institut für Internationale Beziehungen: „Hinsichtlich der mit EUREKA verbundenen Fragen bleibt es auch wichtig, zwischen den Schritten zu einer EG– Technologiegemeinschaft und dem darüber hinausgehenden EUREKA–Programm zu unterscheiden, weil letzteres den EG–Rahmen überschreitet und ganz Westeuropa betreffende Fragen aufwirft. In diesem Zusammenhang dürfen die Bemühungen politisch rechtsorientierter Kreise, die auf eine techno logische Spaltung Europas hinauslaufen, nicht übersehen werden. Derartige Entwicklungen wären für die gesamteuropäischen Perspektiven überaus negativ.“ Jochen Dankert, Institut für Internationale Beziehungen: „Wir zählen, um das konstruktive Bild Michail Gorbatschows aufzugreifen, die EG–Gruppierung zu den Bewohnern des gemeinsamen europäischen Hauses. Wir wollen dieses Haus für alle sicherer machen und erwarten dasselbe auch von der EG– Gruppierung. Hinsichtlich einer Einordnung der Integrations– und Kooperationsbeziehungen zwischen den EG–Staaten (...) sollten besonders in Westeuropa - wie auch bei uns - neue produktive Überlegungen angestellt werden. In diesem Zusammenhang könnte auch geprüft werden, wieweit EUREKA Potenzen für eine breitere europäischen Zusammenarbeit in sich birgt.“ Siegfried Schwarz, Institut für Internationale Politik: „Auf der schon genannten EUREKA–Konferenz hat BRD–Außenminister Genscher befürwortet, daß man in Teilbereichen von EUREKA mit sozialistischen Staaten zusammenarbeiten sollte. Es ist auch unsere Auffassung, daß es technologische Möglichkeiten und Notwendigkeiten gibt zur Verflechtung von Teilbereichen von EUREKA mit dem „Komplexprogramm des wissenschaftlich–technischen Fortschrittes bis zum Jahre 2000“, wie es der RGW ausgearbeitet hat. Das ist deshalb hervorzuheben, weil damit die Perspektive der zivilen Forschung gegenüber der von der militärischen, vom SDI–Programm geprägten gestärkt wird.“ Norbert Lehmann, Institut für Internationale Politik: „Die Westeuropäer haben in Fragen des Technologietransfers, des Embargos mit den USA, bittere Erfahrungen gemacht, die sie nun - auch mit solchen Projekten wie EUREKA - versuchen, in politische Gegenaktionen umzusetzen. EUREKA ist nicht nur eine Entscheidung für ein ökonomisch stärkeres Westeuropa; EUREKA und andere Projekte sind nicht weniger Entscheidungen für ein politisch–strategisches eingenständiges Westeuropa.“

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