: NUKEM–Probe schon vor Jahren benutzt
■ Die plutoniumverseuchte Uranprobe diente vor 17 Jahren in Karlsruhe als Experimentiermaterial / Weitere bisher unbekannte Abnehmer beliefert
Von Dietrich Willier
Stuttgart (taz) - Mit derselben plutoniumhaltigen Uranprobe, die in der Hanauer Brennelementefabrik NUKEM bisher zur Verseuchung von acht Arbeitern geführt hat, wurde beim Lieferanten des Urans, dem Karlsruher Kernforschungszentrum, schon vor 17 Jahren experimentiert. Daß die Uranproben hochgiftiges Plutonium enthalten, haben die Betreiber des Kernforschungszentrums aber nach eigener Auskunft erst durch den Hanauer Unfall erfahren. Nach Angaben eines Sprechers des Karlsruher Kernforschungszentrums hat man die verseuchte Uranprobe neben zahlreichen anderen Experimentierpro ben von dem ebenfalls auf dem Gelände des Kernforschungszentrums ansässigen „Europäischen Institut für Transurane“ bezogen. Seit Beendigung der Experimente zum „neutronenphysikalischen Verhalten ohne Kernspaltung“ waren Uranproben neben mehreren Tonnen Uran für Brennelemente in einem Lagerhaus des Kernforschungszentrums untergebracht. Uran und Uranproben waren vor eineinhalb Jahren im Zuge einer Neustrukturierung der Forschungsanlage an den Hanauer Brennelementehersteller NUKEM, aber auch an andere, bisher unbekannte Abnehmer verkauft worden. Wer die anderen Bezieher waren, weiß man im Karlsruher Kernforschungszentrum noch nicht. Dr. Körting, Sprecher des Kernforschungszentrums: „Wir können doch nicht alle alten Bücher nach weiteren Beziehern durchsuchen.“ Der ursprüngliche Hersteller der plutoniumverseuchten Uranproben, das „Institut für Transurane“, gibt zwar zu, zu Beginn der 70er Jahre solche Proben im Auftrag des Kernforschungszentrums hergestellt zu haben, ob man aber auch der Lieferant der fraglichen Proben gewesen sei, „müsse erst noch geprüft werden“. Die Brüsseler Euratom hat ihrer Tochter absolute Auskunftssperre verordnet. Noch sei die „Schuldhaftigkeit“ des Instituts nicht erwiesen, die Proben könnten durchaus auch von anderen Herstellern geliefert worden sein. Welche in Frage kämen, wollte der Sprecher des Instituts nicht offenbaren. Ebensowenig möchte man im „Institut Transurane“ weitere Bezieher von Uranproben nennen. Die Nachforschungen seien auch deshalb so schwierig, weil damalige Mitarbeiter längst nicht mehr am Institut arbeiteten. Die Grünen im Bundestag haben die Untersuchung sowohl aller Beschäftigten der Firmen ALKEM und NUKEM als auch der möglicherweise betroffenen Arbeiter in Karlsruhe durch unabhängige Ärzte gefordert. Die CDU/CSU–Fraktion hat gefordert, umgehend die Vorgänge um das verunreinigte Uran aufzuklären. Sie verwies auf Gerüchte, daß mit Absicht Plutonium in das Uran gemischt worden sei.
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