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Annäherung bei der Außenpolitik

■ SPD und Union kommen sich außenpolitisch näher / Gestern wurde die dreitägige Debatte um die Regierungserklärung von Bundeskanzler Kohl abgeschlossen / Grüne gegen Wiedervereinigung

Bonn (dpa) - Annäherungen in der Außen– und Sicherheitpolitik, aber weiterhin harte Gegensätze in der Innenpolitik prägten am Freitag im Bundestag den Abschluß der dreitägigen Debatte über die Regierungserklärung. Außenminister Hans–Dietrich Genscher plädierte ebenso wie die SPD–Opposition nachdrücklich dafür, die von Parteichef Michail Gorbatschow in der Sowjetunion eingeleitete neue Entwicklung zu unterstützen. Die SPD rief zu einer europäischen Initiative für eine breite Zusammenarbeit zwischen Ost und West auf. Genscher sprach als letzter Redner der rund vierstündigen Aussprache von einer Entwicklung „mit großer Dramatik“ in der Sowjetunion, die von dem Willen Gorbatschows getragen sei, das Land zu modernisieren und nach innen und außen zu öffnen. Durch langfristige wirtschaftliche Kooperation, politischen Dialog und Zusammenarbeit in allen Bereichen sollte dieser Weg vom Westen erleichtert und ermutigt werden. Besonders auch für die Bundesrepublik sei die Entwicklung bedeutsam. Es sei unbestreitbar, daß eine Sowjetunion, die sich öffne, ein besserer Partner sei als die Sowjetunion der Vergangenheit, die sich abgeschlossen habe. Der stellvertretende SPD– Fraktionsvorsitzende Horst Ehmke forderte, die sich durch eine „dramatische Entwicklung“ in der Sowjetunion ergebende neue Chance „gemeinsam und beherzt“ zu nutzen. Für die Grünen vertrat der Abgeordnete Helmut Lippelt die Ansicht, eine Wiedervereinigung Deutschlands zur stärksten Macht in Mitteleuropa könnte den von Gorbatschow eingeleiteten Entspannungsprozeß stören. Deshalb träten die Grünen gegen die Wiedervereinigung ein. Sein Fraktionskollege Alfred Mechtersheimer kritisierte, die Regierungserklärung enthalte nicht eine Spur neuen Denkens. Die Bundesregierung habe offenbar mehr Angst vor Abrüstung als vor Atomwaffen. Heftige Kritik äußerten SPD und Grüne erneut am innenpolitischen Teil der Regierungserklärung, der keine Perspektiven aufzeige und die wesentlichen Probleme, etwa die Arbeitslosigkeit, offenlasse. Ehmke sagte, dieses Programm sei „so dünn wie das Wahlergebnis des Bundeskanzlers und die Zusammensetzung des Kabinetts“. Der Kanzler wolle offenbar die Probleme weiter aussitzen. Die stellvertretende SPD– Fraktionsvorsitzende Herta Däubler–Gmelin vertrat die Ansicht, mit den Koalitionsvereinbarungen zur Rechts– und Innenpolitik sollten „rechte Randgruppen“ befriedigt werden. Mit dem Beratungsgesetz zum Schwangerschaftsabbruch wolle man Frauen in Konfliktsituationen unter zusätzlichen psychischen Druck setzen.

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