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China gewinnt Spielhöllen–Enklave

■ Macao, die letzte portugiesische Kolonie, kommt am 20.12.1999 unter chinesische Verwaltung / Spielkasinos, Fischfang und Textilexport sind Haupteinnahmequellen des Gebiets / Auch in Zukunft begrenzte Autonomie

Peking (afp/dpa) - Die Enklave Macao, der 15,5 km2 große Überrest des einstigen portugiesischen Weltreiches, kommt nach fast viereinhalb Jahrhunderten zur Jahrtausendwende wieder unter chinesische Verwaltung. Nach vier Verhandlungsrunden einigten sich die Regierungen Pekings und Lissabons am Montag auf das Datum des 20. Dezember 1999. Die rund 70 Kilometer von Hongkong entfernte Enklave ist eine Art ostasiatisches Las Vegas. Es besitzt fünf Spielkasinos, die rund um die Uhr geöffnet sind. Weitere Haupteinnahmequellen sind Pferderennen und Fremdenverkehr sowie Fischfang, von dem die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung lebt. Andererseits ist Macao ein bedeutender Exporteur von Fertigkleidung und Strickwaren. Nur zehn Prozent der 500.000 Einwohner sind Portugiesen. Der Gouverneur von Kanton hatte Portugal die Enklave 1557 aus Dankbarkeit für die Unterstützung bei der Bekämpfung des gefürchteten Piraten Chang Tse Lao vermacht und ihm damit eine wertvolle politische Präsenz in Fernost ermöglicht. Macao war seit 1557 portugiesische Kolonie. Als 1979 die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wiederaufgenommen wurden, wurde es zu einem chinesischen Territorium unter portugiesischer Verwaltung erklärt. Mit der Überantwortung der letzten portugiesischen Kolonie fällt auch das letzte Überbleibsel von Fremdherrschaft in China. Zweieinhalb Jahre vor Macao wird die britische Kronkolonie Hongkong am 1. Juli 1997 in die Volksrepublik eingegliedert. Für Peking kommt die Einigung gerade noch rechtzeitig, um die Lösung dieses Problems aus der Epoche des Kolonialismus als Erfolg bei der am Mittwoch beginnenden Plenartagung des nationalen Volkskongresses vorzustellen. Der wirtschaftliche Gewinn, den Protugal aus dem verträumt wirkenden Städtchen mit seinen beiden vorgelagerten Inseln zog, war in den letzten Jahrzehnten gering und erleichterte Lissabon den 1979 gefaßten Beschluß, Chinas Souveränität über das Territorium anzuerkennen. Es wird erwartet, daß Macao (wie auch Hongkong) nach dem 20. Dezember 1999 eine weitreichende Autonomie genießen und während einer langen Übergangsperiode sein kapitalistisches System behalten wird. Deng hatte erklärt, Macao könne seine Spielkasinos behalten. Die jetzt einsetzende zwölfjährige Übergangsperiode soll dem Vernehmen nach dem Hongkonger Beispiel folgen. Laut portugiesischen Quellen soll eine Verbindungsgruppe aus Vertretern beider Länder im Detail den Status Macaos innerhalb einer „Administrativen Sonderregion“ nach 1999 ausarbeiten.

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