Infernalische Plutonium–Mengen

■ Auszüge aus einem Offenen Brief des Kieler Toxikologen Ottmar Wassermann an Bundesumweltminister Wallmann / Bei Unfall „weite Teile Europas unbewohnbar“

(...) Plutonium ist kein einfaches „Wirtschaftsgut“ wie Butter oder Kohle, sondern ein äußerst gefährliches Material. Es ist nach Pluto benannt, dem Gott des Reichtums und dem Herrscher über das Reich der Toten. Plutonium mehrt das Totenreich wirkungsvoll, natürlich nicht innerhalb einer Wahlperiode, aber in Jahrzehnten, Generationen, unaufhaltsam, seitdem Menschen es in die Biosphäre gebracht haben. Es bleibt dort für viele Jahrtausende. Die Natur hatte gute Gründe, Plutonium nur in äußerst geringen Spuren vorkommen zu lassen. Bei den Plutonium–Mengen, die Sie und andere der Atomenergiewirtschaft glauben genehmigen zu können, hätte eine Evolution der Arten nicht stattgefunden oder ein sehr rasches Ende genommen. Plutonium reichert sich im Körper des Menschen an, es wirkt nicht nur krebserregend, sondern schädigt ihn vielfältig, u.a. auch sein Erbgut. (...) Ein Gramm Plutonium reicht - rechnerisch - aus, um mehr als eine Million Menschen an Lungenkrebs qualvoll sterben zu lassen. Im Stadtgebiet von Hanau werden - laut offiziellen Angaben - durch die Firma ALKEM zur Zeit fast 500 Kilogramm Plutonium pro Jahr verarbeitet. Wissen Sie nicht, daß die dort arbeitenden Mitmenschen - und deren Familien - bereits im „Normalbetrieb“ durch Plutonium–Kontamination extrem gefährdet sind? Erst nach und nach werden Zwischenfälle bekannt, die Dunkelziffer dürfte erheblich höher sein. Sie wollen der Firma ALKEM die Umgangsgenehmigung für Plutonium auf 2,5 oder sogar auf sechs Tonnen pro Jahr erhöhen? Und Sie steigern diese nur noch als infernalisch zu bezeichnende Menge weiter um ein Vielfaches durch den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf? Sogar die Nuklearindustrie gesteht einen ständigen, technologiebedingten „Schwund“ von ein bis zwei Prozent bei der Plutonium–Verarbeitung. Der wahre Schwund dürfte jedoch viel größer sein. Alleine bei ALKEM wären dies zur Zeit noch etwa neun Kilogramm pro Jahr, später vielleicht sogar 120 Kilogramm. Und künftig in Wackersdorf? Der Öffentlichkeit bleibt verborgen, wohin diese ungeheuerlichen Mengen „verschwinden“. Aber jeder weiß, daß Plutonium sich in nichts auflöst. Und ein millionstel Gramm tötet einen Menschen ... Niemand kann Störfälle oder gar Brandkatastrophen in den Hanauer Plutoniumfabrikan ausschließen, auch Sie nicht. Eine massive Plutonium–Freisetzung in Hanau würde weite Teile Europas unbewohnbar machen und deren Bevölkerung innerhalb weniger Jahre an Lungenkrebs sterben. Plutonium läßt sich vom Menschen nicht beherrschen. Es muß 250.000 Jahre - in Worten: zweihundertfünfzigtausend - d.h. zehn Generationen lang mit größtem Aufwand absolut sicher bewacht werden ... Kann das eine Demokratie überhaupt leisten? (...) Prof. Dr. Ottmar Wassermann, Direktor der Abteilung Toxikologie, Christian–Albrechts–Universität Kiel