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Baustein für nukleare Entsorgung

■ Kreistags–Mehrheit befürwortete Konditionierungsanlage in Gorleben / Neuer Baustein zum „Nuklearen Entsorgungszentrum“ / Für die Lüchow–Dannenberger Bürgerinitiative heißt das: „Ab sofort ist alles Notwehr“

Aus Hamburg Ute Scheub

Unter Tumulten hat eine Mehrheit von CDU und FDP im Lüchow– Dannenberger Kreistag vorgestern ihr „Ja“ zum Bau der geplanten atomaren Konditionierungsanlage in Gorleben abgegeben. SPD, Grüne und „Unabhängige Wählergemeinschaft“ stimmten dagegen. Die Deutsche Gesellschaft zur Wiederaufbereitung von Kern brennstoffen (DWK) hatte den Antrag für die Pilotanlage, in der abgebrannte Brennelement zerschnitten und für die Endlagerung vorbereitet werden sollen, zum Zeitpunkt der Tschernobyl–Katastrophe bei der Genehmigungsbehörde eingereicht. Ebenfalls im April 1986 hatte der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht dazu brieflich eine Stellungnahme der Kreistagsabgeordneten eingefor dert. Das Schreiben wurde einigen atomkritischen Abgeordenten bis vor kurzem vorenthalten. Außerdem hatten die Kreistagsmitglieder nur zehn Tage Zeit, die ausgelegten Sicherheitsberichte einzusehen. Die Anlage wird laut Planung einen 60 Meter hohen Schornstein erhalten, über den die bei der Konditionierung entstehenden radioaktiven Edelgase in die Umgebung abgegeben werden. Das Projekt soll direkt neben dem Zwischenlager entstehen und damit zusammen mit dem Endlager in den Augen der Bürgerinitiative das seit 1977 verfolgte Ziel des „Nuklearen Entsorgungszentrums“ verwirklichen helfen. Die Atomindustrie will dort hochaktive Abfälle aus La Hague sowie Brennelemente aus dem Schnellen Brüter und dem Hochtemperaturreaktor bearbeiten, deren Wiederaufarbeitung sich unabhängig von Wackersdorf technisch oder ökonomisch nicht lohnt. Das heißt: in Gorleben soll auf jeden Fall mit Plutonium hantiert werden. Die Bürgerinitiative hat deswegen die Parole ausgegeben: „Ab jetzt machen wir nicht mehr Widerstand, ab jetzt ist alles Notwehr.“ Sie ruft zu einer Demonstration am kommenden Sonntag am Trafohäuschen auf. Treffpunkt ist um 14 Uhr in Gedelitz.

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