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Städtepartnerschaft der Funktionäre

■ Beinahe wäre die Feier zur Städtepartnerschaft Erlangen–Jena durch den aus Jena eingebürgerten Roland Jahn gestört worden / Grüne machen Rückzieher / Drinnen staatstragende Reden, draußen Diskussion über Glasnost

Von Richard Windrich

Erlangen (taz) - Wenn alles gutgeht, wird am 8. April die vierte deutsch–deutsche Städtepartnerschaft geschlossen. Im Jenaer Rathaus soll sie mit der fränkischen Universitätsstadt Erlangen ratifiziert werden. Ein Einzelner brachte allerdings in der letzten Woche das mühsam aufgerichtete Gebäude der Partnerschaft schon im Vorfeld ins Wanken. Als nämlich bei einer öffentlichen Sitzung des Stadtrats in Erlangen die Partnerschaft ratifiziert werden sollten, stand der 1983 wegen seiner politischen Aktivitäten in der unabhängigen Friedensbewegung gewaltsam aus Jena und der DDR hinausgeschmissenen Roland Jahn vor der Tür. Auf Einladung der Erlanger grünen Ratsfraktion war der aus dem Westberliner Exil angereist, um an der Veranstaltung und dem anschließenden Empfang teilzunehmen. Der Jenaer Oberbürgermeister Span hatte davon Wind bekommen, und damit war der Eklat programmiert. Wenn - so teilte er seinem Erlanger Amtskollegen ultimativ mit - nicht gesichert sei, daß es zu keinem Kontakt mit Jahn komme, würde seine Delegation sofort abreisen. SPD–Oberbürgermeister Hahlweg bekniete die Grünen, ihre Einladung an den Ex– Jenaer zurückzunehmen. Der wiederum erklärte derweil frech, daß er die Städtepartnerschaft durchaus begrüße und auch wisse, wie sehr Jenaer Bürger auf Verbesserungen im Reiseverkehr hofften: Er sei jedoch skeptisch und vermute, daß solche Partnerschaften nur auf Funktionärsebene abliefen. Erlangens Oberbürgermeister Hahlweg, genervt über die Aussicht, daß ihm die Grünen sein Werk der Städtepartnerschaft zerstören könnten, flehte den abgeschobenen Jenaer an, nicht an der Feier teilzunehmen. Nach einigem hin und her bekamen nun auch die so halbherzigen Grünen kalte Füße und stimmten in den Kanon des aufgeregten Oberbürgermeisters ein. Jahn hingegen blieb standhaft: „Eine Städtepartnerschaft ist wertlos, wenn sie kritische Menschen von vornherein ausgrenzt“. Im übrigen werde er an öffentlichen Ratssitzung teilnehmen. Auf dem Weg zum Festsaal sah sich Jahn jedoch plötzlich einer Menschenmauer gegenüber, und als es ihm endlich gelang, zur Tür des Stadtratsaales vorzustoßen, wurde er wegen angeblicher Überfüllung zurückgewiesen. Auf einem Monitor konnte er vom Foyer aus die Reden verfolgen. Hahlweg sprach vom „Willen zur lebendigen Städtepartnerschaft“, und die anderen Fraktionen inclusive der Grünen kommentierten die Verbindung mit staatstragenden Äußerungen. Das Jenaer Stadtoberhaupt Span pries die „lebendige Demokratie“ der DDR. Während danach die Honoratioren das kalte Büffet stürmten, saß der ausgebürgerte Jenaer noch lange im Rathausfoyer und diskutierte über Gorbatschow und Glasnost.

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