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I N T E R V I E W „Das Problem ist nicht die Apartheid“

■ Pat Corbin, Präsident der Johannesburger Handelskammer, zu den Forderungen der Gewerkschaften, deren politischem Engagement und den Reaktionen der südafrikanischen Geschäftswelt auf deren „Überlebenslohn–Kampagne“

taz: In ihrer „Überlebenslohn–Kampagne“ fordern die Gewerkschaften, daß in Zukunft keine Steuer mehr von ihren Löhnen abgezogen wird. Was halten Sie davon? Pat Corbin: Das ist natürlich absolut unmöglich. Man muß sich an die Gesetze des Landes halten. Was immer das Gesetz vorschreibt, das muß der Arbeitgeber tun. Das ist wirklich ziemlich naiv. Aber daran zeigt sich auch, daß sie es vor allem auf die Regierung abgesehen haben. Man muß allerdings auch einsehen, daß dies ein Gebiet ist, wo die Schwarzen ein großes Geschrei machen können. Man hat ihnen Zugang zum politischen Prozeß verwehrt. Wenn sie sich nicht auf politischem Gebiet Gehör verschaffen können, dann werden sie es an der Arbeitsfront tun. Wir Geschäftsleute haben schon seit langem begriffen, daß wir auf diesem Gebiet verwundbar sind. Die Gewerkschaften sagen aber, daß die Geschäftswelt sich zwar verbal gegen die Apartheid ausspricht, konkret aber viel mehr tun könnte, zum Beispiel, indem sie sich nicht mehr an diskriminierende Gesetze hält. Die Geschäftswelt ist ganz vorne, wenn es um den Druck für Reformen geht. Wir arbeiten dabei mit der Regierung zusammen. Wir kümmern uns um gleiche Möglichkeiten für alle. Wir fördern schwarze Geschäftsleute, die bisher durch das Gesetz benachteiligt waren. Und trotzdem sind wir die armen Prügelknaben, das Ziel der Sanktionskampagne. Die Gewerkschaften zitieren Profite um die 30 Prozent bei den größten Betrieben, während Lohnerhöhungen weit unter der Inflationsrate lagen. Läßt sich das rechtfertigen? Diese großen Firmen, die angeblich Gewinne machen: wenn man die Mengen Geld betrachtet, die in diesen Konzernen investiert sind, und sieht, welche Dividenden dieses Kapital bringt, dann fragt man sich manchmal, warum die Aktionäre ihr Geld nicht lieber in ein Sparkonto tun. Da gibt es wenigstens kein Risiko. Diese Leute riskieren ihr Geld, und es ist eine sehr unsichere Sache. Das übersehen die Gewerkschaften. Im übrigen, wir sind alle dafür, daß der Lebensstandard im allgemeinen steigt. Aber man sieht das Problem ja schon im eigenen Haus. Wir würden alle gerne unseren Hausangestellten, unseren Gärtnern und Dienstmädchen mehr Geld geben. Aber man kommt dann soweit, daß man es sich einfach nicht mehr leisten kann. Soll man sie deshalb lieber gar nicht einstellen? Hier, wie überall in Afrika, gibt es eben Unmengen von Menschen, die Arbeit suchen. Die Gewerkschaften wollen den derzeitigen Kuchen an Reichtum neu aufteilen. Wir sagen, das ist nicht der richtige Weg in einer freien Marktwirtschaft. Man muß neue wirtschaftliche Aktivitäten schaffen, und so den Kuchen größer machen. Wir wollen ein Klima schaffen, in dem Unternehmen wirklich florieren. Denn den Unternehmern geht es nicht um faire Löhne, sondern darum, was unterm Strich rauskommt. Hat sich das Wirtschaftsklima verbessert nach dem Erfolg der Umschuldungsverhandlungen mit Südafrikas internationalen Gläubigern? (34 internationale Großbanken hatten sich letzte Woche überraschend mit der südafrikanischen Regierung geeinigt, die 23 Milliarden Dollar an Außenständen des Landes umzuschulden. Die plötzliche Konzessionsbereitschaft wird allgemein als Wahlgeschenk der Banken an Botha angesehen, mit dem sie dem angeschlagenen Apartheid–Chef bei den Wahlen am 6. Mai aus der Patsche helfen wollen, Anm. d. Red.) Selbstverständlich. Wir haben keine Pistole mehr am Kopf. Wir können uns jetzt auf andere Sachen konzentrieren. Auch in dieser Hinsicht sollten die Gewerkschaften pragmatischer sein. Das Problem ist nicht die Apartheid. In Zimbabwe haben sie ganz ähnliche Probleme. Die Welt dreht sich eben nicht um Politik, sondern es sind diejenigen, die über die Finanzen bestimmen, die die Entscheidungen treffen. Und wenn hier die Unruhen aufgepeitscht werden, dann hat die internationale Geschäftswelt kein Interesse, hier zu investieren. Wenn die Gewerkschaften den Arbeitern wirklich helfen wollen, ihre Situation zu verbessern, dann sollten sie für das richtige Klima sorgen.

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