: Entscheidung im Leihmutterprozeß
■ Amerikanisches Gericht spricht Vertragseltern Kind zu / Sieg der Reproduktionstechnologen
Washington (taz) - Im amerikanischen Bundesstaat New Jersey ging am Dienstag der erste Prozeß um eine Leihmutterschaft mit einem entscheidenden Sieg für die Vertreter der modernen Reproduktionstechnologie zu Ende. Das elterliche Sorgerecht für das inzwischen einjährige „Baby M“ wurde William Stern, dem biologischen Vater des Mädchens zugesprochen. Mary Beth Whitehead, „Baby Ms“ biologische Mutter, hatte sich in einem Leihmutterschaftsvertrag bereit erklärt, sich für 10.000 Dollar und die Erstattung der medizinischen Unkosten mit den Spermien Sterns künstlich befruchten zu lassen, das Baby auszutragen und es dann dem Ehepaar Stern zur Adoption zu übergeben. Frau Stern war aus gesundheitlichen Gründen von einer Schwangerschaft abgeraten worden. Whitehead aber hatte sich nach der Geburt des Kindes geweigert, das Kind aufzugeben, verzichtete auf die Zahlung der 10.000 Dollar und versteckte sich mit dem Kind bei ihren Eltern. Dort wurde sie von Privatdetektiven Sterns aufgefunden und das Baby den Sterns, die mittlerweile das einstweilige Sorgerecht erstritten hatten, übergeben. Der Prozeß um das Sorgerecht für das Baby, der seit vergangenem September in Hackensack, New Jersey, läuft, gilt als richtungsweisend für die Zukunft des Leihmutterschaftsprogramms in den USA. Obwohl bereits über 500 amerikanische Babies von Leihmüttern geboren worden sind, liegt Leihmutterschaft bisher in einer juristischen Grauzone. Denn bislang ist in keinem Bundesstaat Leihmutterschaft gesetzlich geregelt. Fortsetzung auf Seite 6 Kommentar auf Seite 4 Entgegen weitverbreiteter Erwartungen entschied Richter Harvey Sorkow am Dienstag nicht nur, daß das Sorgerecht im Fall „Baby M“ an den biologischen Vater gehen solle, sondern er erklärte darüber hinaus den Leihmutterschaftsvertrag als juristisch durchsetzbar und bindend. Zwar gilt diese Entscheidung lediglich für den Bundesstaat New Jersey, doch wird sie sich auf die gesetzliche Regelung der Leihmutterschaft in anderen Bundesstaaten auswirken. Gesetzesvorschläge zur Regulierung der Leihmutterschaft, die von Einschränkungen bei der Auswahl der Leihmütter bis zum Verbot von Zahlungen, die über die medizinischen Unkosten hinausgehen, reichen, werden zur Zeit in zwölf Bundesstaaten diskutiert. Der Prozeß um „Baby M“ hatte deutlich gemacht, daß sozio–ökonomische Faktoren darüber entscheiden, wer letztendlich von der modernen Reproduktionstechnologie profitieren wird. Mary Beth Whitehead, Ehefrau eines Müllmanns, hatte von Anfang an kaum Chancen, den Prozeß gegen den Biochemiker William Stern zu gewinnen. So verwies Richter Sorkow unter anderem auf die mangelnde finanzielle Stabilität der Familie Whitehead als Grund für seine Entscheidung. Der Rechtsanwalt Whiteheads wird Berufung gegen das Urteil einlegen.
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