K O M M E N T A R Atom–Häusle

■ Die DWK entsorgt das Atomgesetz

Wer eine Fahrradspeichenfabrik bauen will, muß dafür eine Genehmigung haben. Wenn ein Richter diese Genehmigung für rechtswidrig erklärt und sie aufhebt, kann die Fahrradspeichenfabrik nicht gebaut werden. Auch nicht der Zaun ringsum, nicht das Pförtnerhäuschen und nicht die Materialhalle für die Anlieferung von Chrom und Blech. Das kapiert jeder. Wer dagegen eine atomare Wiederaufarbeitungsanlage bauen will, in der sich das radioaktive Inventar von einigen tausend Hiroshima–Bomben ansammeln soll, kann das auch ohne Genehmigung tun, wenn der Bauherr DWK heißt, die Landesregierung eine bayerische ist, und das Bau–Objekt zum angebeteten Symbol einer Gemeinde geworden ist, die mit religiösem Fanatismus ihre Hirngespinste der sechziger Jahre durchboxt. Es gibt seit dieser Woche keine gültige atomrechtliche Genehmigung mehr für die WAA in Wackersdorf. Der Verwaltungsgerichtshof hat der DWK und ihrem Statthalter Strauß das bisherige Genehmigungsverfahren um die Ohren gehauen. Mit dem Erfolg, daß die DWK Bauzaun, Hauptwache und Brennelemente–Eingangslager, also wichtige und unverzichtbare Teile der WAA, jetzt ohne Genehmigung bauen will. Das Atomrecht wird dabei durch Baurecht ersetzt. Das Eingangslager für abgebrannte Brennelemente erhält den Status eines Milchhäuschens. Das Atomgesetz wird zerhackt, chemisch aufgelöst und im Sinne der DWK gefahrlos wieder aufgearbeitet, das Rechtsempfinden des Bürgers gründlich entsorgt. Der knurrenden Baulobby wird zugleich ein erstes Millionenhäppchen hingeworfen und die Illusion des geregelten Baufortschritts in Wackersdorf, einer gesicherten „Entsorgung“ und einer planmäßigen Abwicklung der gefährlichsten Industrieanlagen Europas künstlich am Leben erhalten. Manfred Kriener