: V O L K S Z Ä H L U N G Was tun? ...gegen das Zwangsgeld?
■ In vielen Büchern und Broschüren haben sie schon gestanden, auf vielfachen Wunsch jetzt exklusiv für taz–Leser/innen: rechtliche Tips für alle Volkszählungslagen, Teil 4
Wenn alle Mahnschreiben nichts genützt haben und die Volkszählungserhebungsstellen bei ihren Rücklaufkontrollen feststellen müssen, daß die Bögen noch immer nicht ausgefüllt bei ihnen angekommen sind, werden sie, wenn überhaupt, als erste Maßnahme ein Zwangsgeld verhängen. Keine Angst! Zwangsgeld ist keine Kriminalstrafe - deshalb keine Eintragung ins Strafregister -, sondern ein Beugemittel. Es kann neben einer Buße angewandt und auch auch wiederholt verhängt werden. Im Verwaltungsvollstreckungsgesetz sind Zwangsgelder von drei bis 2.000 Mark vorgesehen, real zu erwarten sind jedoch nur 100 bis 200 Mark. Die Höhe wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sein. Das Zwangsgeld muß zunächst schriftlich in einer bestimmten Höhe und mit einem festen Termin, bis zu dem die Fragebögen auszufüllen sind, angedroht werden. Das Schreiben muß ordentlich zugestellt werden, d.h. per Urkunde. Ab Zustellung läuft eine Ein–Monatsfrist. So lange sollte man/frau sich aber nicht Zeit lassen, sondern lieber gleich Widerspruch einlegen. Es genügt ein handgeschriebener Brief. Zur Begründung kann vorgebracht werden, der Fragebogen sei abgeschickt worden, oder man sei wegen Krankheit oder Unkenntnis noch nicht dazu gekommen. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Wird ihm nicht stattgegeben, braucht man/frau sich nicht zufrieden zu geben, sondern kann dagegen beim Verwaltungsgericht klagen. Dazu braucht es keinen Rechtsanwalt. Das Verfahren kostet nur wenige Mark. Wenn der in der Zwangsgeldandrohung festgesetzte Termin verstrichen ist, ohne daß der Fragebogen ausgefüllt eingegangen ist, kann das Zwangsgeld festgesetzt werden. Gegen diese Festsetzung kann Widerspruch eingelegt und Klage erhoben werden. Hinzu kann kommen, daß die Androhung selbst nicht korrekt, vor allem nicht richtig zugestellt worden war. Auch die Festsetzung des Zwangsgeldes ist nur wirksam, wenn der Auskunftspflichtige tatsächlich Kenntnis von ihr hatte, also der Brief ihn persönlich erreicht hat. Das Zwangsgeld kann mehrfach verhängt und die Summe dabei auch erhöht werden. Hinfällig wird die Vollstreckung des Zwangsgeldes, wenn die Fragebögen doch ausgefüllt abgeschickt werden oder wenn die Volkszählung 87 zu Ende ist. Wann letzteres sein wird, darüber verweigern die Behörden die Auskunft. Vorgesehen ist allerdings im Gesetz (§ 11 II), daß sechs Wochen nach dem Stichtag (25. Mai) die Behörde selbst Fragebögen ersatzweise ausfüllen kann mit Daten aus dem Melderegister. Das Zwangsgeldverfahren ist kompliziert und für die Behörden mit großem Aufwand verbunden. In großem Umfang wird davon deshalb nicht Gebrauch gemacht werden. Vor allem dann nicht, wenn es viele sind, die Widerspruch einlegen. Die Behörden und vor allem die ohnehin überlasteten Verwaltungsgerichte werden völlig überfordert sein, wenn Zehntausende die Rechtsmittel nutzen. Dann geht bald nichts mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen