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Ex–Bordellier Otto Schwanz verurteilt

■ Schlüsselfigur des Berliner Sumpfes muß für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis / Schwanz bestritt bis zum Schluß alle Vorwürfe / Richter bezeichnet Dementis von Schwanz als „Märchen aus 1001 Nacht“

Von Benedict M. Mülder

Berlin(taz)–Ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Berliner Bauskandals wurde gestern mit einem Urteil vor dem Landgericht zugeklappt. Der zur Schlüsselfigur von „Antes & Co“ avancierte Wolfgang Otto Schwanz muß eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren antreten. Die 10. Große Strafkammer, sah den 47jährigen Schankwirt und früheren Mitangeklagten des bereits wegen Bestechlichkeit zu fünf Jahren Haft verurteilten Ex– CDU–Baustadtrates Antes in einer ganzen Kette von Anklagepunkten als schuldig an. Von schwerer Brandstiftung und Betrug bis hin zu Bestechlichkeit und Beihilfe zur versuchten Erpressung reichten die gegen Antes erhobenen Vorwürfe. Der Richterspruch besiegelt gleichzeitig ein „Jubiläum“. Vor einem Jahr traten im Zuge des Bauskandals um Korruption und Parteispenden die Senatoren Vetter (FDP), Franke (CDU) und Lummer (CDU) von ihren Ämtern zurück. Nur durch ihre „Entlassung in allen Ehren“ konnte Berlins Regierender Bürgermeister Diepgen (CDU) verhindern, daß er selbst mit in den Strudel gerissen wurde. Damals machten Mutmaßungen die Runde, er selbst sei mit dem früheren CDU–Mitglied Schwanz „gut bekannt“ und in eines seiner Etablissements geladen worden. Schwanz wie Diepgen hatten die Beziehungen allerdings immer wieder heftig bestritten. Im Moabiter Gerichtssaal blieb die Connection zur hohen Politik denn auch im Dunkeln. Hartnäckig schwieg sich Schwanz darüber aus. Das Gericht sah es aber als erwiesen an, daß der Szenematador in Berlins Rotlicht–Bezirken dem Ex–Baustadtrat Antes mit 50.000 Mark eine Schankkonzession für den Betrieb eines Cafes in der Innenstadt abgekauft hat. Die Dementis Antes hatte der Staatsanwalt als „Märchen aus 1001 Nacht“ abqualifiziert. Den Vorwurf der Brandstiftung in dem von Schwanz geführten Lokal „Blauer Engel“, bis zum Abflammen 1981 beliebter Treffpunkt nicht nur Berliner Prominenz, sah das Gericht ebenfalls als erwiesen an. Dabei sei die Versicherung um 160.000 Mark betrogen worden. Ein erstes Verfahren war vor einigen Jahren eingestellt worden. In dem jetzt zu Ende gegangenen Prozeß hatte die Verteidigung, die nach dem Ausstieg seiner ursprünglichen Wahlverteidiger zwei „Zwangsadvokaten“ übernommen hatten, vergebens auf Freispruch plädiert. Sein Mitangeklagter Geschäftspartner Pörtner wurde ebenfalls wegen Bestechung von Antes zu anderthalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.

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