: Deutschser Multi fährt einen brutalen Kurs
■ In Südkorea setzt die Firma Adler Schlägertrupps gegen streikende Arbeiterinnen ein / 13 Entlassungen, zehn verhaftet
Aus Iri Dirk Messner
Seit vergangener Woche befinden sich in der freien Exportzone Iri, 230 km südlich der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, alle 1.600 Beschäftigten der bundesdeutschen „Adler Bekleidungs– GmbH“, die in Iri unter dem Namen „Flair Fashion“ arbeitet, in einem Streik für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. In der freien Produktionszone herrscht absolutes Streikverbot, und das deutsche Management hat am vergangenen Montag von seinem Recht Gebrauch gemacht, die Militärpolizei gegen die Streikenden, zu 90 Prozent junge Frauen im Alter von 17 bis 25 Jahren, einzusetzen. Bei den Auseinandersetzungen wurde eine Frau so schwer verletzt, daß sie bis jetzt im Krankenhaus bleiben mußte. Zehn Arbeiterinnen wurden verhaftet, die Sprecher - elf Frauen und zwei Männer - der Streikenden sind von der Geschäftsleitung fristlos entlassen worden. 300 Arbeiterinnen halten sich seit Dienstag in der katholischen Kirche der Stadt Iri auf und werden in ihrem Kampf von Priester Sou– Hyen Rhee, der von 1980 bis 1984 in Mainz als Pfarrer tätig war, unterstützt. Pfarrer Rhee berichtet, daß sich die Arbeiterinnen am Samstag letzter Woche in der Pause zusammengefunden hätten, um über die schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen zu diskutieren. Die Arbeitszeit der Textilarbeiterinnen beträgt 72 Stunden wöchentlich, sie verdienen zwischen 60.000 und 100.000 Won, was einem Stundenlohn von 40 bis 80 Pfennigen entspricht. Die Hauptforderung der Streikenden ist eine Lohnerhöhung um 16 Prozent und eine pünktliche Auszahlung der Löhne. Nachdem die Geschäftsleitung die Belegschaft wegen dieser illegalen Versammlung aussperren wollte, begannen die Arbeiterinnen mit einem Sitzstreik. „Die deutschen Manager haben bezahlte Schlägertrupps auf die friedlichen Frauen gehetzt und sie vom Werksgelände prügeln lassen“, erklärt Pfarrer Rhee. Die 13 Sprecher/innen der Streikenden wurden von der Firmenleitung am Dienstag gekündigt. Das bedeutet, daß sie nie wieder eine Arbeit finden, da sie auf den „black lists“ der Polizei landen, die allen Firmen zugänglich sind“, erläutert der Pfarrer. Am Mittwoch löste die Polizei ferner eine Demonstration der Arbeiterinnen für die Wiedereinstellung der Entlassenen und für höhere Löhne auf. Zehn Frauen wurden verhaftet. Obschon Pfarrer Rhee mehrere Gespräche mit dem Chef–Manager der Firma , Ziemlich, führte, ist die Adler–Geschäftsführung nicht bereit, nachzugeben. Das Management bietet den Arbeiterinnen nur dann 15 Prozent mehr Lohn, wenn sie auf alle anderen Forderungen verzichten. Firmeneigner F. Adler drohte telefonisch, die Firma nach Sri Lanka zu verlagern: „Dort sind die Löhne sowieso noch günstiger.“ Nun will sich Pfarrer Rhee an Bundeskanzler Kohl, SPD–Vogel und die Gewerkschaften wenden. „Es darf doch wohl nicht wahr sein“, meint er, „daß ein reiches deutsches Unternehmen die Menschenrechte mit Füßen tritt und auf gerechtfertigte Forderungen der Arbeiter mit blanker Gewalt reagiert.“
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