Frauen (ml)

■ Der Streit um das grüne Plakat gegen den Papst–Besuch

Der Papst kommt am 1. Mai nach Münster und die Bundes–AG Frauen der Grünen spricht ex cathedra: „Christliche Tradition ist frauenfeindlich“. Dieses Plakat denunziert einiges, vor allem aber die Grünen. Die historische Unsinnigkeit einer solchen Pauschal–These mag die Religionswissenschaften auf den Plan rufen. Schlimmer ist der kampflose Begriff von Tradition: ignoriert wird, daß von der Friedensbewegung bis zur Befreiungstheologie gerade um den Sinn christlicher Tradition gestritten wird. Soll hier also eine atheistische Position ausgedrückt werden? Doch was wäre das für ein Atheismus, der sich durch geringere Toleranz auszeichnet. Nein, dieses Plakat ist Symptom einer anwachsenden sektiererischen Tendenz bei den Grünen. Die marxistisch–leninistischen Gruppen haben in den 70er Jahren gegenüber der Wirklichkeit einen rauschenden Durchfall erlebt. Allein, der marxistisch–leninistische Geist durfte bei den Grünen, in der mittleren Funktionärsschicht und vor allem in den Bundes– AGs überleben. Allmählich werden die politischen Verhältnisse so, daß dieser Geist unter dem grünen Dach so richtig aufblühen kann: Auf Jahre werden die Grünen eine etablierte Minderheit ohne praktisch–politische Verantwortung sein. Ein richtiges Treibhausklima zur linienmäßigen Ausrichtung des grünen Wildwuchses. Marxistisch–leninistischer Geist, das heißt kein anderes Verhältnis zur Wirklichkeit zuzulassen als das der Entlarvung; das heißt jene Mischung aus tausendfach verspätetem deutschem Jakobinertum und liquidatorischer Haltung; das heißt jenes Amalgam aus Linkshaberei und zynischem Einverständnis mit der politischen Erfolglosigkeit. Die Protagonisten des linken Unfehlbarkeitsdogmas sind gegenwärtig die größte Gefahr für die Grünen, weitaus größer als der Sozialdemokratismus, auch oder insbesondere dann, wenn sie sich als Feministen tarnen. Klaus Hartung