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„Unwürdige Vergangenheitsbewältigung“

■ Die Stadt Landau plant eine Ausstellung zur Judenverfolgung im Dritten Reich im ehemaligen Haus der Großeltern der Anne Frank Die Verfolgung der Sinti soll lediglich auf zwei Stellwänden repräsentiert werden / Zentralrat der Sinti und Roma protestiert

Aus Mainz Rolf Gramm

Zu einem Eklat wird es bei der offiziellen Einweihung des „Frank– Loebschen Hauses“ kommen, wenn die Stadt Landau die Sinti nicht angemessen an der Nutzung dieses Hauses beteiligt. Landau will aus dem Haus, das früher den Großeltern der Anne Frank gehörte, und das den Nazis als Sammelstelle für die Abtransporte jüdischer Familien in die Konzentrationslager diente, eine Begegnungsstätte machen, das Schicksal der Pfälzer Sinti dabei aber ausklammern. Vor Journalisten deuteten gestern Vertreter der Sinti und Roma sowie der „Chana und Peter Siegel Stiftung“ an, daß für den Fall, daß es zu keiner „vernünftigen Übereinstimmung“ komme, weder die geplante Ausstellung zur Geschichte der jüdischen Verfolgung noch die zum Schicksal der Pfälzer Sinti präsentiert werden. Auch die Amsterdamer Anne– Frank–Stiftung wird ihre für Juni geplante Anne–Frank–Ausstellung nur nach Landau bringen, wenn die Sinti an dem Haus angemessen beteiligt werden. Romani Rose vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erklärte gestern, der Vorschlag der Stadt, den Sinti für ihre Ausstellung eine kleine Wand zur Verfügung zu stellen, sei unwürdig. Die Stadt Landau habe die Verpflichtung, dieses Schicksal öffentlich anzuerkennen und sich damit auseinanderzusetzen. Wenn das „Frank–Loebsche Haus“ zu einer Stätte der Aussöhnung und Verständigung mit im 3. Reich verfolgten Minderheiten ausgebaut werden solle, „kann man die Geschichte dieser Leiden jetzt nicht auf zwei Stelltafeln verschwinden lassen“. Seit fast einem Jahr hätten die Sinti der Stadt das Angebot gemacht, in dem Haus eine Vielzahl bislang unbekannter Exponate zu präsentieren. Die Sinti könnten umfangreiche Erhebungen und Bildmaterialien vorstellen, mit denen klargemacht werden könne, worin der Rassenhaß seine Grundlagen habe. Rose wies auch auf die Ver antwortung der Landesregierung hin, die die Renovierung des Hauses finanziert habe. Auch die Landauer Lehrerin Helga Bröhmer, die für die in Vorbereitung befindliche „Chana und Peter Siegel Stiftung“ im Frank–Loebschen Haus eine Ausstellung zur Geschichte der Judenverfolgung in Landau 1933 bis 45 organisieren soll, erklärte ihr Vorhaben für gefährdet, wenn die Verwaltung die Geschichte weiter derart einzuengen versuche. Sie hofft allerdings, daß es bis zur Einweihungsfeier am 7. Mai, bei der auch der rheinland–pfälzische Innenminister Böckmann(CDU) erwartet wird, doch noch zu einer Einigung kommen wird.

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