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B U C H T I P Und er hält sich doch

■ Pinochets Diktatur scheint trotz wirtschaftlichem Ruin viel stabiler als die Linke je befürchtet hat

„Y va a caer.“ - „Und er wird fallen.“ Seit vier Jahren hört man es in Santiago auf den Demonstrationen und liest es auf den Mauern. Doch Pinochet ist seit fast 14 Jahren an der Macht, ohne daß ein Ende seiner Diktatur absehbar ist. Selbst nüchterne Analytiker der Lage in Chile hätten in den ersten Jahren nach dem Putsch 1973 eine solche Prognose verworfen. Das Buch „Paro“ (dt.: Streik) liefert einen Teil der Erklärung dafür, daß die Diktatur bis heute stabil ist. Es zeigt, daß es dem chilenischen Militärstaat gelang, sein gesellschaftliches Konzept selbst in Teilen der Arbeiterschaft durchzusetzen. Der Militärstaat gleicht nicht soziale Interessen aus, sondern sichert die Herrschaft des Bürgertums, indem er Wirtschaft und Gesellschaft im neoliberalen Sinn umbaut. Der solchermaßen von einer zivil–militärischen technokratischen Elite modernisierte Staat ist der „Doktrin der nationalen Sicherheit“ verpflichtet, die von einem permanenten Kriegszustand mit dem inneren Feind ausgeht. Zu dieser Kriegsführung gehörte die physische Unterdrückung der Gewerkschaften in den ersten Jahren nach dem Putsch. Aber auch dort, wo aktive Gewerkschafter nicht verhaftet und ermordet wurden, schlug die Politik der Diktatur, die Gesellschaft zu atomisieren, auf die Arbeiterbewegung durch. Das blanke Überleben war nur noch individuell möglich. Auch die gezielte Entindustrialisierung des Landes verringerte die Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften. Unter solchen Umständen konnte die Diktatur ihre für die Arbeiter verheerende Arbeits– und Gewerkschaftsgesetzgebung durchsetzen. Das Buch schildert, wie sich ab 1977 einzelne Betriebsgewerkschaften und regionale Gewerkschaftszusammenschlüsse wieder zu regen begannen. Die Gewerkschaften äußerten ihre Kritik an der Gewerkschaftspolitik der Diktatur und organisierten einzelne Streiks. 1982 spitzte sich die mißliche wirtschaftliche Lage zu einer politischen Krise zu. Bei den monatlichen (später in größeren Zeitabständen) stattfindenden Protesttagen hatten die Gewerkschaften eine anfänglich große, später wechselnde Bedeutung. Ensignia sieht für die chilenischen Gewerkschaften die Perspektive, über den Betriebshorizont hinaus die Demokratisierung der Gesellschaft zu betreiben und dabei gleichzeitig die organisationsinterne Demokratie zu stärken. Die Gewerkschaften sollen nicht nur die Diktatur bekämpfen, sondern auch ein „sozio–ökonomisches System für die Zeit nach der Militärdiktatur ausarbeiten“. So richtig dies ist, so verweist doch die Hilflosigkeit, solche Ratschläge in einem deutschsprachigen, von einem engagierten Kleinverlag herausgegebenen Buch zu geben, auf ein Dilemma der politischen Situation Chiles: Es gab genügend Gründe und Anlässe für ein Ende der Diktatur, sie kamen aber nie zu einer Konstellation zusammen, die die auf Granit gebaute Macht General Pinochets hätte erschüttern können. Die simple Tatsache dieses unverrückbaren Machtblocks nimmt jeder noch so folgerichtigen Analyse etwas von ihrer Verbindlichkeit. Dieter Maier Jaime Ensignia: Paro - Chilenische Gewerkschaften unter der Diktatur. FDCL, Berlin (West) 1987, 214 S., 19.80 DM

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