: SPD–Krollmann grollt CDU–Wallmann
■ Joschka Fischer und Hans Krollmann nahmen im hessischen Landtag die Regierungserklärung von Walter Wallmann auseinander / „Unruhe ist die erste Bürgerpflicht“ / „Das Banale ist das Konterrevolutionäre“
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - Nach der Wallmannschen Regierungserklärung vom Donnerstag schlug gestern im hessischen Landtag die Stunde der neuen Opposition. Der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Hans Krollmann und mehr noch Joschka Fischer (Grüne) konterten unter dem Beifall beider Oppositionsfraktionen die „bombastischen Allgemeinplätze“ (Fischer), die am Vorabend vom neugewählten Ministerpräsidenten vorgestellt worden waren. Zuvor hatte die Mehrheit von CDU und FDP dem Kabinett von Walter Wallmann das Vertrauen ausgesprochen. Hans Krollmann, dem die eine SPD–Stimme für Wallmann „unter die Haut gegangen“ war, warf den Regierungsparteien vor, in den langen Oppositionsjahren keine programmatischen und keine personellen Alternativen entwickelt zu haben. CDU und FDP seien zu ihrer eigenen Verblüffung „in die Regierungsverantwortung gestolpert“. „Und jetzt soll die inhaltliche Leere durch stramme Haltung ersetzt werden.“ Der Ex–Finanzminister strich die unter der rot–grünen Ägide erzielten Erfolge hessischer Politik heraus und kündigte dem noch einsam auf der Ministerbank thronenden Wallmann „vier harte Jahre“ an. Dezidiert setzte sich dann der Grünen–Fraktionsvorsitzende Fischer mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten auseinander. Fischer warf Wallmann vor, in seiner Regierungserklärung weder ein Wort zu Tschernobyl noch zur Militarisierung Hessens gesagt zu haben. Der Grüne richtete - „obgleich das nicht meine Art ist“ - in Sachen Ausländerpolitik einen dringenden Appell an den neuen Ministerpräsidenten. Wer den „Schutz der Familie“ propagiere, der müsse sich mit der gleichen Hingabe dem Schutz der ausländischen Familien widmen. Doch wer das Familienleben hochleben lasse und gleichzeitig 16 Fernsehkanäle einrichte, sei da nur wenig glaubwürdig. Fischer schloß seine Gegenrede auf die mit zahllosen Zitaten gespickte Regierungserklärung Wallmanns gleichfalls mit zwei Zitaten: „Unruhe ist die erste Bürgerpflicht“ (Büchner) und - Wallmann scharf im Blick - „Das Banale ist das Konterrevolutionäre“ (Bloch).
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